Technologie ist der Treiber. Mittendrin sind die Menschen, die sich verändern wollen oder müssen. Sie müssen das Bedürfnis haben, dazu zu lernen, egal auf welcher Karrierestufe.
How tomorrow works - wie sieht die Arbeitswelt von morgen aus? Welche Chancen bietet die Digitalisierung und welche Herausforderungen hält sie bereit? Impulse für die Welt von morgen gibt Zukunftsforscher Michael Carl, vom carl institute for human future in Leipzig.
Wir stehen vor einem Jahrzehnt der Krisen. Klima, Demografie und vor allem der Wandel der Arbeit werden gründlich mit alten Selbstverständlichkeiten aufräumen. Wenn wir dieses Jahrzehnt der Krisen gut für uns nutzen, dann kann es auch eine gute Nachricht bergen. Das Zusammenbringen von Technik und Mensch ist zentral für das Gelingen guter Arbeit. Beide dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Das, was wir heute an technologischen Mitteln haben und in kommenden Jahren zur Verfügung haben werden, muss helfen, Kunden und ihre Bedürfnisse umso besser zu verstehen. Stand jetzt haben wir die Kunden-Beziehung. Aber wir müssen genau da tiefer reingehen und Kunden signalisieren: Wir verstehen immer genauer deine Bedürfnisse. Das erfordert ein Umdenken, weg mit dem Fokus auf die eigenen Finanzprodukte. Stattdessen muss die Konzentration auf den Kunden liegen. Dafür müssen die Mitarbeiter sensibilisiert werden. Daten in Systeme eintippen, Formulare ausfüllen – diese Bereiche werden stark automatisiert werden. Folgerichtig darf niemand seine Zeit mit diesen Tätigkeiten verschwenden. Das ist bekannt.
Aber Carl geht ans Eingemachte, wenn er fragt, wie viele Betreuende von Firmenkunden in den Filialen von sich aus zum Telefon greifen. Weil sie das Gefühl haben, dass sie nicht nur verstanden haben, was ein Firmenkunde machen möchte, sondern sogar einen Tick besser wissen, über welche Themen jetzt zu reden ist. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen diesen Schritt und werden selbst initiativ?
Technologie ist ein Treiber. Mittendrin sind Menschen, die sich verändern wollen oder müssen. Welche Aufgaben kommen auf die Menschen zu? Digitale Fähigkeiten sind Schlüsselqualifikationen. Aber das allein wird nicht reichen. Wichtig ist, das Lernen zu lernen, das Bedürfnis zu haben, nie ausgelernt zu haben, egal auf welcher Karrierestufe.
Die Zeit für Standards ist abgelaufen. „Wir können nicht mehr sagen: Das habe ich jetzt gelernt, das mache ich jetzt die nächsten 25 Jahre.“ Problematisch ist, dass wir das in unseren Unternehmenskulturen noch nicht verinnerlicht haben. Wir tun immer noch so, als könnten wir Menschen am Anfang ihres Berufslebens ausbilden, und dann behalten wir sie 40 Jahre. Wahrscheinlich hat das noch nie gepasst und heute passt es ganz bestimmt nicht mehr. Überfachliche Kompetenzen werden wichtiger als fachliche Kompetenzen.
Wesentlich bei der Digitalisierung ist, dass Innovationen dort entstehen, wo man Kompetenzen kombiniert. Kollaboration im Unternehmen und in Zusammenarbeit mit anderenMarktbegleitern, sogar Wettbewerbern, wird wichtig. Denn allein wird kaum jemand diese Herausforderungen bewältigen können.
Das ist die positive Antwort: Niemand muss morgen alles alleine anders tun. Wir können diesen Weg zusammen gehen, da geht keiner verloren. Wenn das verstanden ist, geht eine tolle neue Welt auf.