Marius Vennemann

Wie wir als Start-up Agilität und Kunden-Zentriertheit leben

»An jedem einzelnen Tag steht der Kunde im Mittelpunkt der Arbeit.«

Im Fokus

Wie wir als Start-up Agilität und Kunden-Zentriertheit leben

Schnell, agil und kundennah zu agieren, prägt heute wesentlich die Strategie vieler Unternehmen. Marius Vennemann ist Gründer und Geschäftsführer der edyoucated GmbH, eines jungen Technologie-Start-ups in Münster. edyoucated ist Softwareanbieter und unterstützt seit 2019 Unternehmen dabei, durch digitalisierte, personalisierte Weiterbildung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser in Zukunfts-Skills auszubilden.

 

Viele Organisationen gehen den klassischen Weg: Entwicklung konsekutiv Schritt für Schritt. Egal, ob Projekte, Produkte oder große Transformationen umgesetzt werden: In der ersten Phase stehen Planung und Konzeption, dann Umsetzung und Implementierung, ganz zum Schluss Validierung und die Abnahme durch Kunden. Das heißt, dass eigentlich sämtliche Arbeit in den ersten Schritten erledigt sein muss und man im Prozess auch nicht zurückgehen kann, um sich nachträglich zu korrigieren. Erst nach erfolgreicher Umsetzung der ersten Schritte steht die Validierung an und schlussendlich die Hoffnung, dass ein Kunde das Projekt so abnimmt. Bei Großprojekten führt das häufig zu Problemen. Sei es, weil sich Umstände verändert haben, weil wichtige Aspekte nicht beachtet wurden oder weil im schlimmsten Fall in der letzten Phase der Entwicklung eines Services oder Produkts auffällt, dass komplett an den Kunden vorbei entwickelt wurde. Hier ist ein Wandel nötig und agiles Arbeiten kann diesen vorantreiben.

 

Wo kommt der Gedanke der Agilität her? Der Begriff „Agilität“ kommt ursprünglich aus der Softwareentwicklung und hat seinen Ursprung im Agilen Manifest, das 2001 aus einer Gruppe von Softwareentwicklern heraus entstanden ist. Agilität heißt, schnellstmöglich auf Veränderungen zu reagieren. Nicht Dinge schneller zu machen, sondern anpassbar zu sein.

 

Heute wollen sich ganze Organisationen agil aufstellen, weg von einer silohaften, statischen Einteilung in einzelne Fachbereiche, die jeweils nicht wissen, was der andere tut. In der agilen Transformation liegt der Fokus darauf, in kleineren, schnelleren Teams crossfunktional zusammen zu arbeiten.

 

Auch die Arbeitsweise ändert sich im agilen Kontext. Dort, wo vorher das klassische Wasserfall-Modell vorherrschte (sukzessive Dinge bearbeiten), arbeitet man im agilen Kontext in sogenannten Sprints. Sprints sind festgelegte zeitliche Abläufe, in denen konkrete Arbeitsergebnisse erstellt werden sollen. Das heißt, wo vorher nacheinander geplant, umgesetzt und validiert wurde, geschieht das heute komplett parallel.

 

Kunden-Zentriertheit entsteht nicht zwangsweise durch Agilität, wird aber definitiv durch agiles Arbeiten gefördert. Kunden-Zentriertheit heißt, Kunden in den Vordergrund oder sogar in den Mittelpunkt zu stellen. Das große Vorbild ist Amazon. Sinnbildlich dafür steht die Meetingkultur bei Amazon. Ein Platz bei Meetings bleibt immer leer. Warum? Die Antwort ist simpel: Der Platz wird für einen fiktiven Kunden freigehalten.

 

Bei der täglichen Arbeit setzt das Start-up edyoucated auf drei Leitlinien: An jedem einzelnen Tag stehen Kunden im Mittelpunkt der Arbeit. Produkte werden agil und so kundennah wie möglich umgesetzt. Entscheidungen werden auf der Basis von Daten getroffen. Getreu dem Motto des großen Management-Vordenkers Peter Drucker: Was man nicht messen kann, kann man nicht lenken. 

 

 

Marius Vennemann ist Unternehmer und Experte für digitale Weiterbildung.

Marius Vennemann ist Unternehmer und Experte für digitale Weiterbildung. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen dabei zu helfen die wichtigen Skills für die Zukunft möglichst effektiv zu entwickeln. Als Gründer und Geschäftsführer des Ed-Tech-Start-ups edyoucated begleitet er mittelständische Unternehmen und Konzerne bei der erfolgreichen Skill-Transformation in Bereichen wie Data Analytics, Kundenzentriertheit oder Agilität. In seiner Freizeit ist er Vorsitzender von TechLabs, einer führenden europäischen Non-Profit-Organisation für die Vermittlung digitaler Kompetenzen an Einzelpersonen, die er 2017 gründete. Marius begann seine Karriere als Strategieberater bei dem internationalen Beratungsunternehmen McKinsey & Company und studierte zuvor Betriebswirtschaftslehre in Münster und Helsinki.

Zitat

»VERÄNDERUNG HEISST AUCH, DASS WIR UNS VERÄNDERN MÜSSEN.«

Im Gespräch

Woran denken Sie, wenn Sie den Begriff Zukunft hören?

Mein erster Gedanke ist positiv. Ich freue mich auf das, was zukünftig alles möglich sein wird. Ich glaube, dass wir vor vielen positiven Veränderungen stehen. Veränderung heißt aber auch, dass wir uns verändern müssen. Je schneller sich Dinge verändern, desto schwerwiegender ist es gleichzeitig, wenn jemand einen Schritt nicht mitgeht. Eine der wichtigsten Fragen lautet daher für mich: Wie schaffen wir es, die Gesellschaft so mitzunehmen, dass wir niemanden verlieren?

 

Was wird sich in zehn Jahren verändert haben?

Wenn ich eines gelernt habe in meiner kurzen Lebenszeit, dann dass es schwierig ist, zehn Jahre vorherzusagen. Deshalb werden Prognosen sich wahrscheinlich als maßlos falsch herausstellen. Wenn ich jedoch ein paar Makrotrends betrachte, gibt es für mich zwei große Entwicklungen. Erstens Daten und Technologie: Ich bin gespannt, was z.B. rund um das Metaverse passiert. Werden wir wirklich substanzielle Parts unseres Lebens nicht nur „unfreiwillig“ – weil wir auf der Arbeit virtuell kollaborieren – sondern auch freiwillig in der virtuellen Welt zubringen? Wäre mehr Digitalisierung hier gut oder schlecht? Obwohl ich mich täglich mit digitalen Services beschäftige, bin ich sehr gerne in der analogen Welt. Das zweite Thema ist Nachhaltigkeit. Ich hoffe, dass wir verstärkt darüber nachdenken, welche Konsequenzen mit unserem Tun verbunden sind und wie wir Veränderung quantifizierbarer gestalten können. Ich bin ein sehr analytischer Mensch und glaube daran, dass vieles deutlicher wird, wenn wir Sachen quantifizieren und Effekte darstellen können.

 

Sie beschäftigen sich mit Bildung. Was hat Bildung mit Finanzen zu tun?

Für mich ist Bildung einer der größten Hebel, die wir haben. Es wird immer wichtiger, gebildet zu sein. Es gibt so viel, was ich heute machen kann. Aber ich kann verdammt viele Sachen auch verdammt falsch machen. Sehr viele, weit verbreitete Lösungen existieren ohne jegliche Form von Aufklärung. Das finde ich schade. Ich würde mir innerhalb der Gesellschaft eine bessere und stärker verankerte Aus- und Weiterbildung auch bei finanziellen Themen wünschen, ganz egal ob diese privatwirtschaftlich, bei Kontoentscheidungen oder auf der Unternehmensseite stattfinden.

 

Welche Rolle spielen Technologie und Daten in Bezug auf Bildung?

Technologie wird es uns ermöglichen, viel effektiver zu lernen. Die letzten Jahrzehnte waren stark davon geprägt, den Leuten Zugang zu (digitalen) Angeboten zu ermöglichen. In Zukunft werden wir mehr darüber nachdenken, den Trichter wieder zu verengen und uns fragen: „Was sind eigentlich die relevanten Dinge, mit denen wir uns täglich beschäftigen? Wo verschwenden wir vielleicht Zeit?“ Wenn es uns gelingt, Weiterbildung zu personalisieren, schafft das unfassbare Möglichkeiten. Um uns herum verändert sich alles sehr viel schneller und wir können mit unserem heutigen Skillset morgen vielleicht nur noch bedingt erfolgreich sein. Individualisierte Services werden der vielleicht einzige Weg sein, uns als Gesellschaft schneller zu entwickeln und langfristig anzupassen. Wir müssen besser darin werden, Neues zu lernen.

 

 

Im Kopf

Anpassungsfähigkeit

Wir leben in einer Welt des Wandels und Zukunft bedeutet in vielen Fällen Veränderung – Veränderung von Werten, Lebensweisen, Angeboten, Systemen, Menschen. Wir wünschen uns oft, diese Veränderungen antizipieren zu können, um gut vorbereitet zu reagieren. Dafür treffen wir Prognosen, die manchmal eintreten und manchmal nicht. Im ersten Fall ist es sicherlich gut, vorbereitet gewesen zu sein. Doch auch im zweiten Fall sollten wir nicht verzweifeln. Wichtiger ist es, in solchen Situationen die eigene Anpassungsfähigkeit zu trainieren, die eigene Umgebung aufmerksam zu beobachten und voneinander zu lernen. Wandel wird zur Normalität. Das kann sogar unsere Zukunftszuversicht stärken, indem wir hin und wieder einen Blick zurückwerfen: Wir haben uns schon einmal erfolgreich angepasst. Warum nicht wieder?