"In jedem von uns schlummert ein Schatz"

Das Erfolgsrezept von Tabitha Kleine für die Förderung von Nachwuchs: Freiraum, Ermutigung, Vertrauen. Im Interview mit herCAREER erklärt die Geschäftsbereichsleiterin Aktivgeschäft Privatkunden bei der FI, was das konkret für Mitarbeitende und Führungskräfte heißt, wie wir Stärken erkennen und dass in jedem von uns ein Schatz schlummert.

„Am Anfang eine Investition, am Ende eine Entlastung“

herCAREER: Tabitha, Talentförderung ist Dein Herzensthema – was heißt das konkret und warum ist Dir dieses Thema so wichtig?

Tabitha Kleine: Beim Thema Talentförderung habe ich zwei Sichtweisen – eine strategische und eine persönliche. Auf der strategischen Ebene bedeutet es, die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens zu sichern. Indem wir leistungsstarke Teams aufbauen, Talente binden und die Potenziale unterschiedlicher Persönlichkeiten optimal nutzen. Doch darüber hinaus hat Talentförderung für mich eine tiefe persönliche Dimension. Es erfüllt mich mit Zufriedenheit, Menschen auf ihrem Entwicklungsweg zu begleiten.

Talentförderung bedeutet nicht nur, berufliche Fähigkeiten zu stärken. Es bedeutet auch, Menschen dabei zu unterstützen, ihr volles Potenzial zu entfalten, Selbstvertrauen aufzubauen und ihre eigenen Stärken zu erkennen und zu schätzen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie wertvoll eine solche Unterstützung sein kann. Indem ich als Führungskraft in die Entwicklung meiner Kolleginnen und Kollegen investiere, leiste ich also nicht nur einen Beitrag für die erfolgreiche Zukunft des Unternehmens. Es ist darüber hinaus für mich persönlich etwas, mit dem ich unglaublich viel zurückgeben kann.

herCAREER: Wie erkennst Du die Talente der Mitarbeitenden und weißt, wer sich wie entwickeln kann?

Tabitha Kleine: Wenn ich mit Menschen zusammenarbeite, spüre ich in der Regel schnell, wenn sie ein gewisses Grundinteresse an der eigenen Weiterentwicklung in sich tragen. Natürlich hat das dieses Gespür auch mit Erfahrung zu tun. Ich selbst bin bei der Finanz Informatik als Quereinsteigerin zur Produktmanagerin gestartet. Dann Projektleiterin geworden. Dann Abteilungsleiterin, Bereichsleiterin und jetzt Geschäftsbereichsleiterin.

Entlang dieser Stationen habe ich viel darüber gelernt, worauf es bei der Förderung der beruflichen Entwicklung ankommt. Die langjährige Erfahrung in der Personalverantwortung schärft den Blick für individuelle Stärken und damit für die Frage, wo jemand beruflich gut hinpasst. Aber noch wichtiger als Erfahrung sind die Offenheit und das aktive Interesse der Führungskraft, diese Potenziale in den Menschen auch sehen zu wollen. Wer genau hinschaut, kann nicht nur die offensichtlichen Stärken sehen, sondern auch die Funken oder Potentiale, die manchmal nicht sofort offensichtlich sind.

herCAREER: Manchmal kennen wir selbst unsere Stärken gar nicht genau. Wie finden wir sie und wie können Führungskräfte uns dabei unterstützen? 

Tabitha Kleine: Unsere Stärken liegen oft in dem, was wir gerne tun. Wenn wir im Beruf bemerken, dass uns eine Tätigkeit wenig anstrengt und sie uns stattdessen sogar Energie gibt oder Spaß macht, dann spricht einiges dafür, dass wir eine persönliche Stärke entdeckt haben. Menschen sind generell aber sehr vielschichtig – geprägt von Persönlichkeit und Historie. Die einen kommen von sich aus und sagen: „Das kann ich, und das möchte ich machen!“.

Es gibt aber auch die etwas Zurückhaltenden oder Bescheideneren. Ihnen müssen Führungskräfte manchmal auch mal sagen: „Hey, das war fantastisch, das kannst Du richtig gut! Ist Dir bewusst, dass das Deine Stärke ist?“. Deshalb funktioniert das Entdecken von Stärken am besten, wenn Führungskräfte ihren Mitarbeitenden einen sicheren Raum geben, sich auszuprobieren und zu zeigen.

herCAREER: Talentförderung erfordert Zeit – ein Faktor, der angesichts eines hohen Stresslevels und Workloads oft zu kurz kommt. Warum lohnt es sich dennoch, diese Zeit zu investieren, um die Mitarbeitenden bestmöglich zu fördern?

Tabitha Kleine: Anfangs kann Förderung für Führungskräfte tatsächlich einen zusätzlichen Zeitaufwand bedeuten. Wenn es im Job mal wieder brennt, ist es nachvollziehbar, dass viele Führungskräfte abwägen: „Lösche ich schnell selbst, oder nehme ich mir die Zeit, neue Feuerwehrleute auszubilden?“.

Es braucht Geduld und man muss es als Führungskraft auch „aushalten“ können, dass es andere Lösungswege für ein Problem gibt als den eigenen bewährten Ansatz.

In meiner Erfahrung kann sich die Investition in die Förderung aber schon recht schnell wieder auszahlen – auch in Form von einer spürbaren Entlastung für mich als Führungskraft. Je mehr ich meine Teams befähige, anspruchsvolle Themen und Aufgaben zu übernehmen, umso mehr kann ich delegieren und Verantwortung teilen. Mittelfristig tut sich eine Führungskraft durch Talentförderung selbst etwas Gutes. Denn: Mitarbeitende, die lernen und sich entwickeln, sind manchmal der wirksamste Weg für Führungskräfte, um den eigenen Workload in einer Balance zu halten und damit Raum für das Agieren und strategisches Handeln zu schaffen. Am Anfang ist es vielleicht eine Investition, am Ende aber fast immer eine Entlastung.

herCAREER: Führungskräfte und Mitarbeiter:innen sollen die Talentförderung gemeinsam angehen – wie sieht das ganz konkret bei der FI aus? 

Tabitha Kleine: Wir machen das auf verschiedene Arten. Wir haben zum einen gezielte Förderprogramme, bei denen der Austausch mit erfahrenen Führungskräften im Mittelpunkt steht. Zum anderen ermöglichen wir gerade jungen Talenten, früh Verantwortung zu übernehmen, sei es in Form von Arbeitspaketen oder Teilprojektleitungen. Für mich ist es wichtig, dass unsere Mitarbeitenden für ihre Themen stehen und so ihr Engagement mit ihrer persönlichen Note zeigen können. Auch unsere Jahresgesprächen fokussieren darauf zu reflektieren, wie Förderung und nächste Schritte aussehen können.

Denn jede:r Mitarbeitende, der oder die sich bei uns weiterentwickeln möchte, ist ein Gewinn für unser Unternehmen. Zudem bieten wir auch ein Traineeprogramm speziell für Quereinsteiger:innen an. Häufig sind Menschen, die über einen solchen Quereinstieg zu uns kommen bereits sehr reflektiert, was ihre Stärken angeht und damit auch tolle Kandidat:innen für weitere Förderung bei uns.

herCAREER: Dein Erfolgsrezept sind Freiraum, Ermutigung und Vertrauen. Dinge, die nicht für jede Führungskraft selbstverständlich sind. Was gäbe es hier zu verbessern?

Tabitha Kleine: Es beginnt damit, aktive Förderung über alle Ebenen hinweg nicht als optionales „Nice-to-have“ anzusehen, sondern als wichtige Teilaufgabe fest im Führungsverständnis zu verankern, die anerkannt und bestätigt wird.

In jedem von uns schlummert ein Schatz: Potenziale, Stärken und die Vision, was wir in Zukunft erreichen können. Talentförderung ist das Abenteuer, als Führungskraft diese Schätze zu erkennen und zu fördern.

Es ist wichtig, dass Führungskräfte aktiv und mit offenem Blick auf „Schatzsuche“ gehen und dabei nicht nur Aufgabe und Leistung, sondern auch die Persönlichkeit im Blick haben. Ich kann als Führungskraft nicht erwarten, dass meine Mitarbeitenden wie ein Klon von mir genau die gleichen Lösungswege wählen, die ich für richtig halte und auch dies verlangt – vor allem in stressigen Zeiten – eine gewisse Reflexion. Genau wie einen bewussten Umgang mit Fehlern, die einfach immer passieren werden, wenn jemand lernt und sich entwickelt und eine persönliche Berechenbarkeit, um einen sicheren Raum zu bieten.
Insgesamt ist es ein bewusster Prozess, der zur täglichen Arbeit dazugehören sollte.

herCAREER: Was können Mitarbeitende selbst tun, wenn eine Führungskraft nicht so offen für die „Schatzsuche“ ist?

Tabitha Kleine: Mitarbeitende können hier mehrere Dinge tun. Initiative zeigen, das Gespräch mit der Führungskraft suchen. Allein schon die Frage „Wie siehst Du mich?“ kann Wunder wirken und kommt immer gut an. Oder mal ganz offen sagen „Ich möchte mehr Verantwortung übernehmen.“ Natürlich kann man hier nicht immer sofort eine Antwort erwarten, sondern sollte dem oder der Vorgesetzten vielleicht vier Wochen Zeit geben, um nach einem passenden Weg zu suchen, den man dann zusammen gestalten kann. In jedem Unternehmen gibt es normalerweise immer reichlich übergreifende Aufgaben, für die Ressourcen fehlen. Solche Aufgaben eignen sich häufig sehr gut dafür, dass Talente an ihnen lernen und sich weiterentwickeln. Eine gute Möglichkeit, sich selbst und das Interesse an der eigenen Weiterentwicklung sichtbar zu machen. Der Führungskraft sozusagen ein Signal geben, und sie damit besser zu befähigen, gezielt zu fördern und die Weiterentwicklung zu unterstützen.

Manchen Menschen fällt das leichter als anderen. Aus der Historie heraus tun sich Frauen manchmal schwerer, etwas einzufordern oder glauben, man müsse dazu immer „laut“ sein. Es geht aus meiner Sicht genauso auch auf die sanfte und charmante Art: Überlegen, welche Fragen man stellen könnte. Was das Gegenüber vielleicht gerade braucht. Wo man Hilfe anbieten kann. Auch auf dieser Basis kann man dann um Feedback bitten und den Wunsch nach einem Entwicklungspfad ansprechen. Und viele stellen dann fest: Es muss nicht zwingend der laute Knall und „Bäm!“ sein. Das Sichtbarwerden funktioniert auch auf eine leise, nicht weniger stringente Art. Wichtig ist einfach, dass es zur eigenen Persönlichkeit passt, weil man aus meiner Sicht auf lange Zeit nur wachsen kann, wenn man auch „man selbst“ sein kann.

herCAREER: Viele Unternehmen sehen sich auch vor einem Generationenwechsel. Was bedeutet das für die Führungsarbeit, welche neuen Aufgaben bringt das mit sich?

Tabitha Kleine: Ein Generationenwechsel in Unternehmen ist nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine riesige Chance. Ich sehe es als meine Aufgabe an, Brücken zwischen den Generationen zu bauen und Verständnis für unterschiedliche Wertvorstellungen zu schaffen. Die jüngeren Generationen bringen oft einen anderen Blick auf die Work-Life-Balance mit, und das ist etwas, das wir alle lernen und schätzen können.

Es bedeutet auch, dass wir unsere Leadership Teams auf allen Ebenen dazu enablen müssen, Talente zu erkennen und zu fördern.

Es geht nicht darum, alte Wege zu verwerfen, sondern darum, zusätzlich neue Wege zu erkunden, die zum Ziel führen – auch wenn sie anders sind als das, was wir gewohnt sind. Die besten Lösungen entstehen, wenn die Individualität jedes und jeder Einzelnen, was Eigenschaften, Kompetenzen und Interessen betrifft, gefördert und gewürdigt wird. Mit einer gemeinsamen Vision, einem starken Team und einer guten Portion Freude kann man fast jedes Ziel erreichen.

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Über die Person

Tabitha Kleine verantwortet seit Mai 2021 als Geschäftsbereichsleiterin bei der Finanz Informatik (FI) das Aktivgeschäft für Privatkunden. Gemeinsam mit ihrem Team arbeitet sie an der Gestaltung von möglichst einfachen und sicheren Lösungen rund um das Kreditgeschäft der Sparkassen.

Nach verschiedenen Stationen bei der Deutschen Bank und nebenberuflichem Studium ist sie 2005 zur FI gewechselt. Dort hat sie zunächst als Produktmanagerin und Projektleiterin in der Anwendungsentwicklung mit Begeisterung digitale Lösungen mit ihren Projektteams entwickelt. Dabei hat sie Ihre Leidenschaft für die Führung von Teams entdeckt und schnell neben der fachlichen Verantwortung immer mehr Führungsverantwortung übernommen. In der Führung ihrer Teams ist es Tabitha wichtig, möglichst viel Freiraum bei der Gestaltung von Lösungen und der Zielerreichung zu geben.


Quelle: HerCareer