Interview mit F.-T. Brockhoff

Sparkasse - digital und nah am Kunden

Seit zweieinhalb Jahrzehnten arbeitet Franz-Theo Brockhoff für die Finanz Informatik (FI) und ihre Vorgängerunternehmen; seit 2015 ist er Vorsitzender der Geschäftsführung. Ende 2020 beginnt für ihn mit dem Ruhestand ein ganz neuer Lebensabschnitt. Mit dem ITmagazin sprach er zuvor über die wichtigsten Meilensteine der letzten 25 Jahre, über schwierige Entscheidungen und darüber, was er auch zukünftig weiterhin analog machen will.

ITmagazin: Herr Brockhoff, seit 1995 sind Sie für die Finanz Informatik und ihre Vorgängerunternehmen in der Geschäftsführung tätig. Wenn Sie die Situation damals mit 2020 vergleichen: Wo steht die FI heute? Und welchen Nutzen haben unsere Kunden davon?

Franz-Theo Brockhoff: Es gab in diesen zweieinhalb Jahrzehnten eine stete Weiterentwicklung der FI und ihrer Vorgänger, von denen die Sparkassen und andere Kunden heute profitieren. Drei Dinge möchte ich dabei besonders hervorheben: Eine effiziente Kostenstruktur, verbunden mit der Chance zu standardisierten und damit günstigeren Lösungen. Zweitens der Aufbau einer Plattform mit aufeinander abgestimmten Lösungen, zum Beispiel für das Internet und die S-App, um die Komplexität für unsere Kunden zu reduzieren. Drittens ergeben sich – nicht zuletzt mit den beiden zuvor genannten Lösungen – zugleich viel bessere Integrationsmöglichkeiten für die Leistungen des gemeinsamen Verbunds in die Digitale Finanzplattform auf Basis OSPlus.

 

ITmagazin: Was waren denn aus Ihrer Sicht die wichtigsten Meilensteine oder Entscheidungen auf dem Weg dahin?

Franz-Theo Brockhoff: Es gibt so viele unterschiedliche Dinge, die die Entwicklung maßgeblich beeinflusst haben, dass es nicht einfach ist, einzelne hervorzuheben. Ganz sicher gehören aber die Fusionen zu einem auch zentralen Dienstleister dazu – auch wenn es zum Teil schwierige und für so manchen sicher schmerzhafte Entscheidungen waren. Mir ist aber wichtig zu betonen, dass alle diese Schritte gemeinsam von und mit unseren Gremien und Eigentümern vorangebracht und entschieden wurden. Schauen wir auf die Technik, dann war die konsequente Migration auf das gemeinsame Gesamtbanksytem OSPlus ein Meilenstein, dessen Bedeutung man nicht unterschätzen darf. Ein letzter Punkt: Intern haben die wechselnden Geschäftsführungen immer wieder neu anfangen und zueinander finden müssen. Auch das hat im persönlichen Verhältnis zueinander gut funktioniert und war sicher ebenso wichtig für die weitere Entwicklung der FI.

 

ITmagazin: Gibt es im Rückblick auch Situationen, in denen Sie aus heutiger Sicht anders entschieden hätten?

Franz-Theo Brockhoff: In einer so langen Zeit wäre es unehrlich, wenn ich das verneinen würde. Aus heutiger Sicht hätten wir den Druck hin zu mehr Standardisierung größer machen müssen. Da gab es an vielen Stellen zu viele Change Requests, die im Sinne der Kundennähe akzeptiert wurden. Unter dem Eindruck des heutigen Kostendrucks könnte man auch sagen: Da hätten wir konsequenter sein und Prozesse schneller einführen müssen, die wir heute unter dem Druck des Marktes dann durch die Hintertür sowieso bekommen haben. Neben der Standardisierung in den Produkten müssen wir auch wesentlich stärker auf einen gemeinsamen Level bei den Infrastrukturen in den Instituten und bei der Rollout-Geschwindigkeit achten. Gerade in der Corona-Zeit musste möglichst alles online und auch mit hoher Taktfolge passieren – Stichwort Antragsstrecken oder Mehrwertsteuer-Anpassung. Das hat am Ende gut geklappt, aber es hat schon ganz schön geknarzt an vielen Stellen. Das Thema »Innovationen«, zum Beispiel bei den S-Apps, haben wir dank der Star Finanz in der FI-Gruppe voranbringen können – manchmal auch gegen Widerstände. Rückblickend möchte ich dazu sagen: »Die richtigen Stimmen sind nicht immer die lautesten.«

Vielleicht noch ein letzter Punkt: Das Thema »Personal« ist in der FI lange Zeit nicht so angegangen worden, wie es vielleicht notwendig gewesen wäre – auch aufgrund der zahlreichen Fusionen. Gott sei Dank durften und konnten wir gerade in den letzten zwei, drei Jahren wieder viel mehr junge Menschen für uns begeistern – und sie alle bringen neue Ideen, frischen Schwung, aber auch andere Ansprüche an die FI und ihre Prozesse mit. Übrigens: Rund 30 Prozent aller Bewerbungen kommen heute von Frauen – der Anteil muss meiner Einschätzung noch weiter wachsen, aber es ist immerhin ein Anfang.

 

ITmagazin: Kommen wir doch noch einmal auf die Technik zu sprechen. Die Welt hat sich seit 1995 rasant verändert: Vom Aufkommen der PCs und später der Mobiltelefone bis hin zu Smartphones und der Cloud. Blicken wir doch einmal in die Zukunft: Wie wird die Welt eines Sparkassenkunden wohl in 20 Jahren aussehen?

Franz-Theo Brockhoff: Bei den dynamischen Entwicklungen, die wir in den letzten zwei Jahrzehnten hatten, wäre es vermessen, eine Prognose für die nächsten 20 Jahre abzugeben. Denn allein die nächsten fünf Jahre werden spannend genug. Aus technischer Sicht dürften wir wahrscheinlich noch dichter an die privaten und auch gewerblichen Kunden heranrücken – über die Smartwatch, über das Smartphone sowieso, auch zunehmend über das Smart Home oder auch über das Internet of Things. Mehr noch als heute dürfte die IT dabei auf Cloud-Lösungen zurückgreifen. Wie das aber im Einzelnen aussehen wird, ist auch eine politische Frage. Dass Software oder Services überhaupt aus dem Netz oder einer Cloud kommen, ist übrigens eine Entwicklung, die bereits vor 20 Jahren begonnen hat. In gewisser Weise ist die FI mit OSPlus schon heute die Cloud für die Sparkassen. Zurück zum Sparkassenkunden: Alle diese genannten Änderungen führen dazu, dass der einzelne Kunde immer mehr Dinge selbst, einfach und bequem erledigen will und können soll. Die Zahl der Freiheitsgrade und der Möglichkeiten dürfte noch weiter steigen. Bei wichtigen Entscheidungen aber, bei ganz elementaren Fragen wird er dennoch einen kompetenten Partner brauchen, den er unkompliziert und auf direktem Weg über einen beliebigen Kanal seiner Wahl ansprechen kann. Und das bedeutet nichts anderes, als das wir das bewährte Sparkassen-Prinzip mittels Digitalisierung in die Zukunft übersetzen: Mit der Kombination von Technik, Berater und IT auf einer gemeinsamen, klug gesteuerten Plattform.

 

ITmagazin: Apropos Digitalisierung: Sie selbst nutzen begeistert digitale Geräte. Doch Hand aufs Herz: Was machen Sie dennoch weiterhin am liebsten analog?

Franz-Theo Brockhoff: Es ist schon toll, wie einfach man mit einer Apple Watch heute bezahlen kann. Doch davon abgesehen vermisse ich es derzeit, mit Kunden oder Geschäftspartnern bei einer Pizza, einem Rotwein an einem Tisch zu sitzen. »Analog« – das übersetze ich mal mit »Pause-Taste« und damit Zeit für ein tieferes Gespräch, für einen interessanten Austausch. Ich habe mir übrigens erst vor zwei Jahren einen Plattenspieler gekauft, auf dem ich meine alten Vinyl-Schallplatten von Jethro Tull und Kraftwerk hören kann. Und dann gibt es noch Dinge, die werden Sie nie ersetzen können: Haben Sie schon einmal versucht, digital ein Eis mit ihren Enkeln zu schlecken? Glauben Sie mir, das geht analog, auf herkömmliche Weise, dramatisch besser.

 

ITmagazin: Herr Brockhoff, vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für Ihren neuen Lebensabschnitt!