Interview

Im Gespräch mit Martin Waldmann

»Die Finanz Informatik – Digitalisierungspartner unserer Kunden«

Sein Aufgabengebiet ist vielfältig: vom Personalbereich über das Risiko-, Sicherheits- und Facility-Management bis zu den Finanzen und dem Einkauf. Martin Waldmann, Geschäftsführer der Finanz Informatik, beschreibt im Gespräch mit dem ITmagazin, welche aktuellen Herausforderungen es gibt und wie das Unternehmen darauf reagiert.

ITmagazin: Herr Waldmann, Sie tragen die Verantwortung für höchst unterschiedliche Bereiche in der FI. Kurz aus der Sicht unserer Kunden gefragt, wo steht die FI aktuell…
… bei den Finanzen und im Einkauf?
Martin Waldmann: Wir haben, auch aufgrund der hohen Bedeutung der Digitalisierung für unsere Kunden, eine sehr stabile und gute Geschäftsentwicklung. Dieses zeigt sich auch am Jahresumsatz, der auf über 2 Mrd. Euro gewachsen ist. Gefreut hat mich in diesem Zusammenhang die positive Bewertung unserer Prozesse und Strukturen im Bereich Finanzen durch unseren neuen Jahresabschlussprüfer PWC im Mai dieses Jahres.

Im Einkauf geht es darum, über die Bündelung von Volumen möglichst gute Konditionen zu erzielen. Bei einem Einkaufsvolumen von deutlich über einer Mrd. Euro p.a. sind hier entsprechende Hebel für Skaleneffekte, die wir dann an unsere Kunden weitergeben können. Aber, auch das möchte ich anfügen: In den letzten Jahren kommen in diesem Aufgabenfeld – wie bei unseren Kunden – zunehmend regulatorische Anforderungen insbesondere im Auslagerungsmanagement hinzu.

… beim Risiko- und Sicherheitsmanagement?
Martin Waldmann: Im Risikomanagement ist eine der wichtigsten Aufgaben, frühzeitig die Risiken zu identifizieren, die sich nachteilig auf die Sicherheit und Stabilität unserer Kernleistungen auswirken. Unser Ziel ist es, für unsere Kunden ein sicherer und verlässlicher Partner zu sein. Daher wollen wir Problemfelder und Herausforderungen im Vorfeld erkennen, um sie sowohl aktiv als auch effizient zu steuern. Dies betrifft nicht nur umzusetzende technologische Veränderungen, sondern auch das Erfüllen gesetzlicher, regulatorischer und vertraglicher Anforderungen. So definiert zum Beispiel die BAIT – kurz für Bankenaufsichtliche Anforderungen an die IT –, was die Aufsicht unter einer sicheren Ausgestaltung der IT-Systeme sowie der dazugehörigen Prozesse in den deutschen Kreditinstituten versteht.

Zur Bedeutung des Themas »Sicherheit« brauchen Sie heute nur in die Zeitung zu schauen. Es vergeht fast kein Tag, an dem nicht über Cyberangriffe und Sicherheitsvorfälle berichtet wird. Für uns als zentraler IT-Dienstleister der Sparkassen ist das Thema Sicherheit essentiell. Diese gemeinsam mit meinem Kollegen Detlev Klage und seinem Team im Cyber Defense Center (CDC) sicherzustellen, ist eine unserer Kernaufgaben. In den letzten Jahren haben wir hierfür viel Know-how aufgebaut und in neue Technologien und Strukturen investiert. Wir sind heute gut aufgestellt – aber der Markt um uns herum schläft nicht.

ITmagazin: Wenn wir die Situation unserer Kunden betrachten, dann unterliegen viele Sparkassen einem starken Veränderungsdruck. Kostenmanagement steht in vielen Häusern ganz oben auf der Agenda. Wie unterstützt die FI ihre Kunden dabei konkret?
Martin Waldmann: Das Thema Kostendruck und -management in den Sparkassen ist uns in der Geschäftsführung sehr bewusst: Fast in jedem Gespräch mit Sparkassen, in jeder Gremiensitzung ist es ein Thema. Deshalb haben wir unsere Mittelfristplanung bis 2026 sehr ambitioniert gestaltet. Wir wollen durch ein aktives Kostenmanagement unseren Beitrag leisten. Unser zentrales Ziel ist es, im OSPlus-Kerngeschäft die Kosten für die Sparkassen in den nächsten fünf Jahren stabil zu halten. Dafür müssen wir in der FI eine ganze Menge tun – wir reden über Effizienz- und Skaleneffekte in einer Größenordnung von über 40 Mio. Euro pro Jahr, die wir heben müssen.
Mir ist aber sehr wichtig zu betonen, dass Investitionen in die IT nicht allein als Kostenfaktor betrachtet werden sollten. Wir investieren ja, um unseren Kunden zwei Dinge zu ermöglichen: Erstens, um mehr Geschäft und einen höheren Ertrag mit unseren digitalen Lösungen zu erzielen. Zweitens geht es darum, Effizienzpotenziale in den Sparkassen und bei unseren weiteren Kunden zu ermöglichen. Zum Beispiel durch optimierte digitale und automatisierte Prozesse. Entwicklungen wie PPS 2.0 oder Process complete zahlen hierauf ein. Gleichzeitig helfen sie uns, zusammen mit unseren Kunden die notwendige Standardisierung voranzutreiben.

ITmagazin: Neben Umsatz und Ertrag spielt ein glaubwürdiger Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit bei vielen unserer Kunden eine immer größere Rolle. Wie sind die aktuellen und die zukünftigen Antworten der FI darauf?
Martin Waldmann: Nachhaltigkeit ist ein Thema, dem wir uns in der FI sehr bewusst stellen. Wir haben dazu neue Strukturen geschaffen und ein Team mit einer  Nachhaltigkeitsbeauftragten eingeführt, um das Thema ganzheitlich anzugehen. Das heißt jedoch nicht, dass wir erst jetzt damit starten. Wir haben neben vielen anderen Maßnahmen uns z. B. bereits 2019 entschieden, unsere Rechenzentren zu 100 Prozent auf regenerativen Strom umzustellen. Seit Januar 2020 nutzt die FI zertifizierten Ökostrom, der CO2-emmissionsfrei ist und z. B. auch keinen radioaktiven Abfall hinterlässt. Das hat für einen der größten Rechenzentrumsbetreiber im Banking mit einem sehr hohen Stromverbrauch durchaus eine Relevanz, denn wir reden hier über jährliche Stromkosten im zweistelligen Millionen-Bereich. Ab 2022 werden wir in die höchste Stufe unseres Anbieters wechseln: Grüner Strom mit dem Label Gold, der u. a. einen festen Förderanteil für den Ausbau der erneuerbaren Energien vorsieht. 
Die Kunden brauchen von uns zunehmend mehr Informationen über unsere Aktivitäten. Wir konzipieren aktuell einen ersten Nachhaltigkeitsbericht für das Jahr 2021, den wir unseren Kunden dann Anfang 2022 zur Verfügung stellen. Nachhaltigkeit ist für uns jedoch nicht allein das Thema Energie bzw. Klima. Wir schauen uns ökologische, ökonomische und soziale Aspekte an und lassen das in eine systematische Strategie einfließen – all das definiert unser Ambitionsniveau für die nächsten Jahre. Das schließt natürlich auch interne Veränderungen in der FI ein. Zum Beispiel beschäftigen wir uns im Projekt »NewNormal« damit, wie wir für die FI ein Zukunftsbild für eine sich wandelnde Arbeitswelt entwerfen. Also zum Beispiel wie wir unter veränderten Rahmenbedingungen das Unternehmen mit seinen mehr als 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach vorn entwickeln können – und welche Schritte oder Maßnahmen dazu nötig sind.
ITmagazin: NewNormal ist ein gutes Stichwort: Ihr Wechsel in die Geschäftsführung stand unter dem Eindruck der Coronapandemie – wenige Tage später wurde der Lockdown verkündet. Wenn Sie auf diese Wochen zurückblicken: Was ist die wichtigste Erkenntnis, die Sie mitnehmen?
Martin Waldmann: Es war – für uns alle – eine extrem anspruchsvolle Zeit. Wir alle mussten uns umstellen, viel Neues lernen und auch auf viele liebgewonnene Gewohnheiten verzichten. Die Situation hat einen zusätzlichen Digitalisierungsschub erzeugt, der die Kunden und uns herausgefordert hat. Alles in allem kann ich aber sagen und so nehmen wir auch das Feedback unserer Kunden wahr, dass wir diese Phase gemeinsam gut bewältigt haben. Wichtig ist es, die neuen digitalen Möglichkeiten kontinuierlich weiter zu optimieren und auszubauen.
Zwei Erkenntnisse sind mir hier wichtig: Es hat sich gezeigt, dass wir in der Sparkassen-Finanzgruppe in der Lage sind, schnelle, pragmatische Entscheidungen zu treffen. Dieses hat uns insbesondere zu Beginn der Pandemie stark gemacht. Und: Die Bedeutung eines eingespielten, funktionierenden Teams ist noch einmal deutlich gestiegen. 
Ich finde zudem, wenn ich noch eine persönliche Note hereinbringen darf, dass Videokonferenzen per Skype oder Webex ihren Wert haben. Am Ende des Tages ist für mich der persönliche Austausch mit Kunden oder Mitarbeitern jedoch der angenehmere und nachhaltigere. Daher freue ich mich, dass wir Stück für Stück mehr Normalität zurückgewinnen.
ITmagazin: Als verantwortlicher Geschäftsführer für den gesamten Personalbereich wissen Sie, das IT-Experten auf dem Arbeitsmarkt heiß begehrt sind. Warum würden Sie einem jungen Absolventen – oder Absolventin – raten, gerade die FI in die engere Auswahl als Arbeitgeber zu nehmen?
Martin Waldmann: Ich bin seit über 25 Jahren in der FI und ihren Vorgänger-Unternehmen und kann sagen: Es ist ein hochspannendes, attraktives Unternehmen mit tollen und vielfältigen Aufgaben. Wir bieten ein breites Spektrum für Interessenten – von der Schulung und Beratung über die Softwareentwicklung bis hin zu den Rechenzentren und Infrastrukturthemen. Wir sind in dem sehr dynamischen Umfeld der IT-Technologie unterwegs. Unsere Kernaufgabe hat dazu eine hohe gesellschaftliche Relevanz – nämlich die Digitalisierung für die Sparkassen mit ihren rund 50 Millionen Kunden voranzutreiben.
Richtig ist aber auch, dass wir als FI noch zu wenig bekannt auf dem Arbeitsmarkt sind. Daran arbeiten wir mit dem Aufbau einer Arbeitgebermarke. Und die Zahlen zeigen entsprechende Erfolge: Pro Jahr stellen wir rund 90 junge Menschen als Auszubildende ein; in den letzten drei Jahren haben wir vor dem Hintergrund der weiter zunehmenden Bedeutung der Digitalisierung und unserer demografischen Entwicklungen mehrere Hundert neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt – und deren Durchschnittsalter liegt bei Anfang 30.
ITmagazin: Im Vergleich zu vielen anderen Branchen sind die IT-Unternehmen bisher gut durch die Krise gekommen. Welche Veränderungen sind dennoch notwendig; wie muss sich aus Ihrer Sicht die Finanz Informatik in den nächsten Jahren weiterentwickeln?
Martin Waldmann: Unser Ziel ist es, uns vom IT-Dienstleister zum Digitalisierungspartner unserer Kunden weiterzuentwickeln. Was wir in den letzten ein, zwei Jahren noch einmal deutlich erfahren haben: Wir sind für unsere Kunden ein sehr wichtiger Partner. Vieles ging in der Vergangenheit bereits nicht ohne IT – zukünftig wird das noch mehr werden. Die Finanzplattform rund um OSPlus und die Digitalisierung der Prozesse sind und bleiben Schwerpunktthemen. Für uns als FI bleibt die Daueraufgabe, uns ständig technologisch weiterzuentwickeln und die Potenziale von neuen Technologien wie Cloud oder KI weiterhin Stück für Stück in unsere Lösungen zu integrieren bzw. dafür zu nutzen und so für die Sparkassen zu erschließen.
Der Begriff des Digitalisierungspartners beschreibt zugleich, dass wir auf der Grundlage der in der Sparkassen-Finanzgruppe gelebten Arbeitsteilung stärker als in der Vergangenheit in eine treibende, mitgestaltende Rolle gehen müssen. Auch die Prozessgestaltung, die wir ab dem 1. Januar 2022 unter dem Schlagwort PPS 2.0 übernehmen, wird in den nächsten Jahren ein enorm wichtiger Hebel, um mit den Kunden die Prozesse zu standardisieren, effizienter zu werden und die Perspektive des Kunden einer Sparkasse noch einmal ganz anders zu betrachten – und alles zusammen natürlich zu vernünftigen Kosten.