Im Gespräch mit Detlev Klage

Interview

»Mit Agilität und neuen Technologien unsere Kunden begeistern!«

Seit Anfang des Jahres ist Detlev Klage Stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Finanz Informatik (FI). Welche neuen Aufgaben damit verbunden sind und wie er sie angehen will – darüber sprach er mit dem ITmagazin.

ITmagazin: Herr Klage, seit fünf Jahren sind Sie Geschäftsführer der FI, darüber hinaus auch der jüngste, jetzt sind Sie der Stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung – was ändert sich für Sie mit der neuen Aufgabe?

Detlev Klage: Kurz gesagt: mehr Aufgaben, mehr Verantwortung, aber auch einen deutlich gestiegenen übergreifenden Blick auf das große Ganze. Das reicht von der aktiven Unterstützung von Andreas Schelling, unserem Vorsitzenden der Geschäftsführung, bis hin zu unseren Tochterunternehmen. Als Vorsitzender des Aufsichtsrats der FI-TS, als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Star Finanz und natürlich auch in meiner neuen Rolle in der FI liegt mir besonders am Herzen, dass unser Zusammenarbeitsmodell für unsere Kunden funktioniert. Und zwar so, wie wir es gemeinsam mit meinen Kollegen in der Geschäftsführung definiert haben: unsere Kunden begeistern, den Verbund stärken und die Dynamik steigern.

ITmagazin: Konkret nachgefragt – was sind für Sie persönlich die aktuell wichtigsten Herausforderungen?

Detlev Klage: Die neuen Aufgaben bei FI-TS und Star Finanz in Kombination mit der übernommenen Verantwortung für das Thema »Multikanal« sind eine spannende und herausfordernde Mischung, wenn man bedenkt, dass hier wichtige Weichenstellungen für die Zusammenarbeit in der Gruppe getroffen werden: Die Arbeitsteilung, die Sicherheit und Verfügbarkeit weiter steigern und damit einen aktiven Beitrag zu unseren drei Zielen – Kunden begeistern, Verbund stärken, Dynamik steigern – liefern. In der FI stehen wir vor wichtigen Entscheidungen und Veränderungen. Zum Beispiel beim Ausbau der Multikanaltechnologie oder der gemeinsamen Plattformen für die Sparkassen-Finanzgruppe.
Mit »fi switch« haben wir zudem ein Projekt gestartet, dass unsere internen Prozesse und Abläufe in der Entwicklung und Produktion optimieren soll. Im Zuge von PPS 2.0 bekommt die FI die Verantwortung für die gesamte Prozesskette – vom Anfang bis zum Ende. Und wenn Sie mich ganz persönlich fragen: Am Ende des Tages ist dies ein ganz schöner »juggling act«, ein Balanceakt zwischen Berufsleben, der Familie und mir selbst.

ITmagazin: Welche Themen kommen in diesem Zusammenhang auf den Prüfstand? Und was hat der Kunde davon? 

Detlev Klage: Für mich ist klar, dass Entwicklung und Produktion enger zusammengehören. Mit dem Zusammenlegen nach dem sogenannten »DevSecOps-Modell« können wir unseren Kunden zukünftig schneller neue Anwendungen und Funktionen zur Verfügung stellen – das bedeutet vor allem, dass wir für unsere Kunden mit Technologie und Abläufen weitere Skaleneffekte heben können. Die brauchen wir auch, um unsere Kosten-/Leistungsversprechen zu halten und die stark steigenden technischen Transaktionen auf Grund der Digitalisierung abdecken zu können.
Zugleich haben wir die Chance, frühzeitiger Feedback zu erhalten. Wo passt es, wo müssen wir nachsteuern? Vereinfacht gesagt: Wir liefern nicht mehr wie vor einem oder zwei Jahren bestellt, sondern so, wie es den tatsächlichen aktuellen Bedürfnissen der Sparkassen entspricht. Wir müssen dazu auch den Mut und das Vertrauen haben, tatsächlich agiler vorzugehen. Projekte nach der Wasserfall-Methode durchzuführen ist nach vorne gut und richtig. Wir sollten uns aber davon lösen, dies nur noch als einzige Vorgehensweise zu betrachten. Projekte müssen insgesamt agiler werden, um am Ende zu einer »IT der mehreren Geschwindigkeiten« und somit näher an den Kunden zu kommen. Das heißt, es könnte nach wie vor zwei große OSPlus-Releases pro Jahr geben, die aber durch mehrere kleinere Releases ergänzt werden.
Das Prinzip kennen wir von den großen Smartphone-Anbietern, beispielsweise Apple. In großen Abständen wird eine neue Version des Betriebssystems ausgeliefert, die zum Teil ganz neue Möglichkeiten mit sich bringt. Neue technische Funktionen können aber vom Kunden selber installiert und genutzt werden. Ebenso laufen Updates automatisch, die keinen weiteren Eingriff des Kunden benötigen.

Kurz erklärt: DevSecOps
DevOps beschreibt einen Ansatz, wie die Zusammenarbeit zwischen Softwareentwicklung und IT-Betrieb verbessert werden kann. DevOps steht für Development (englisch für Entwicklung) und IT Operations (engl. für IT-Betrieb). Mit DevOps sollen die Qualität der Software, die Geschwindigkeit der Entwicklung und der Auslieferung sowie das Miteinander der beteiligten Teams verbessert werden. Während sich DevOps um die Bereitstellung der Infrastruktur für Dienste und die Auslieferung dieser Dienste kümmert, ist DevSecOps zusätzlich für die Sicherheit dieser Infrastruktur und die IT-Compliance zuständig.

ITmagazin: Eines der Buzz-Words gerade der großen Soft- und Hardwareanbieter ist ja seit langem »die Cloud«. Wie geht die FI mit dem Thema um und was ist zukünftig
geplant?

Detlev Klage: Ich möchte mal so darauf antworten: Wir sind die Cloud! Was wir seit Jahren in der FI für unsere Kunden machen, bezeichnet man als »Community Cloud«. Also die
Nutzung durch eine bestimmte Gemeinschaft in einem definierten Raum mit bestimmten Regeln. Aus Perspektive der Sparkassen ist die OSPlus-Finanzplattform eine Community
Cloud, die in den Rechenzentren der FI in Deutschland bereitgestellt wird. Mit allen einzuhaltenden Regeln etwa der Finanzaufsicht oder der spezifischen Bedingungen eines Servicerahmenvertrags.
Die Vorteile für unsere Kunden: Was den Verbrauchsbedarf angeht, können wir mit unserer Cloud agil reagieren. Für die gesetzte Hardware sorgen wir für einen stabilen Betrieb und realisieren Skaleneffekte durch die Technologie, da die Stückkosten sinken. Natürlich bleiben wir auch hier nicht einfach stehen, sondern nutzen zielgerichtet neue Technologien. Wir müssen bereit sein, uns zu öffnen – denn ein FinTech baut kein eigenes Rechenzentrum, sondern setzt auf vorhandene Public-Cloud-Technologien. Wir als FI haben rund um das Thema Cloud folgende Eckpfeiler definiert, die für uns unabdingbar sind und uns in die Lage versetzen, auch eine hybride Cloud-Nutzung zu ermöglichen:
• Technologische Vorbereitung (Cloud Readiness)
• Funktionale Public-Cloud-Dienstleistungen wie z. B. die Sprachanalyse im Conversational Banking oder die Bereitstellung von Cisco Webex-Konferenzen sind in das OSPlus-Portfolio  integrierbar und werden den Sparkassen im Sinne des Community-Cloud-Ansatzes regulatorisch abgesichert angeboten.
• Strukturelle Vorbereitung: Die notwendigen aufsichtsrechtlichen und vertraglichen Rahmenbedingungen für die Nutzung von Public-Cloud-Services werden geschaffen.
• Risikobewusste hybride Nutzung: Orientiert an den Schutzbedarfen der Daten werden Public-Cloud-Dienstleistungen »smart« mit dem Fokus auf ein hybrides Zielszenario eingesetzt. Um es hier ganz deutlich zu sagen: Sensible (Kunden-)Daten werden ohne einen vorherigen Gesellschafterbeschluss nicht in die Public Cloud verlagert!

ITmagazin: Bereits im Juli 2020 haben FI-TS und FI die Zusammenarbeit mit der Google Cloud bekannt gegeben. Microsoft Azure ist ebenfalls an Bord – was sprach gerade für diese beiden Anbieter?

Detlev Klage: Diese beiden Unternehmen haben Millionen von Nutzern. Es macht auf lange Sicht deshalb keinen Sinn, gegen Millionen von Nutzern anzuentwickeln, die täglich dazu beitragen, dass diese Services – insbesondere Data Analytics und Künstliche Intelligenz (KI) – besser werden. Das IT-Marktforschungsunternehmen Gartner hat dazu festgestellt: »Die Mehrheit der Unternehmen wird auf absehbare Zeit in einer hybriden und wahrscheinlich Multi-Cloud-Einsatzwelt leben.« Es geht also um ein geschicktes Miteinander unter Abwägung der Risikogesichtspunkte. Denn das muss man so klar sagen: Kosten müssen ja nachhaltig gesenkt werden – das funktioniert aber nicht, wenn man von einem Anbieter abhängig ist.

ITmagazin: Die FI verändert sich – auch aufgrund der Herausforderungen der Pandemie – gerade deutlich. Wenn wir einmal zurückblicken: Warum hat es so gut geklappt, Sparkassen und FI in einem so kurzen Zeitraum mit so vielen Nutzern remotearbeitsfähig zu machen und mit Office_neo so schnell in die digitale Beratung zu bringen?

Detlev Klage: Ganz ehrlich, das haben wir nur mit ganz viel Engagement und Herzblut aller Beteiligten geschafft. Es hat keiner auf die Uhr geschaut – es wurde einfach gemacht.
Darüber hinaus haben wir unsere Kontakte in Übersee genutzt, um die notwendige Hardware zu bekommen. Wir sind von 5.000 auf über 100.000 User in kürzester Zeit gewachsen und hatten dabei immer nur ein oder zwei Tage Vorlauf. Lassen Sie es mich so ausdrücken: Wir haben alles in allem risikoorientiert Sachen gemacht, die man unter normalen Umständen nicht so machen würde – Details halten wir hier besser nicht schriftlich fest. Das Wichtigste aber ist: Es hat funktioniert. Die Kolleginnen und Kollegen haben allesamt »in die Hände gespuckt« und unsere Dienstleister haben uns unbürokratisch unterstützt. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor waren aber nicht zuletzt unsere Kunden – ohne deren Zutun und deren Unterstützung wäre vieles einfach nicht möglich gewesen.

ITmagazin: Eine letzte Frage, zumindest für diese Ausgabe: Wo steht die FI Ihrer Meinung nach in fünf Jahren?

Detlev Klage: Dazu könnte man natürlich ganze Seiten füllen, aber ich möchte hier ein paar ganz wesentliche Ziele formulieren, die wir in diesem Zeitraum erreichen wollen:
Die FI ist der Digitalisierungspartner für die Sparkassen-Finanzgruppe. Der Verbund ist gestärkt und setzt auf einer noch stärkeren OSPlus-Finanzplattform auf. Wir heben die Skalen im Verbund für die Sparkassen und für alle Partner. Insbesondere auch in der Infrastruktur und mit Einbindung der FI-TS; natürlich sicher, verfügbar und wirtschaftlich. Wir haben zusammen mit der Star Finanz die Pole-Position der S-App erfolgreich verteidigt. Und wir haben Technologien eingeführt, um auch mit Künstlicher Intelligenz (KI) erfolgreich Effizienzpotenziale bei uns und für unsere Kunden zu erzielen. Wenn ich mir das alles zusammen anschaue, dann kommen wirklich spannende Jahre auf uns zu!

ITmagazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person:
Detlev Klage, 1968 in Hamm geboren. Nach Ausbildung zum Kaufmann, Abendschule und Studium der Wirtschaftsinformatik trug er viele Jahre Verantwortung in der Anwendungsentwicklung, bis er dann als Generalbevollmächtigter für »Client Server« und ab 2015 das gesamte Ressort Produktion verantwortete. Seit dem 1. Januar 2021 ist er Stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung und verantwortet neben der Produktion zusätzlich den Geschäftsbereich »Architektur und Multikanalanwendungen«. Detlev Klage ist verheiratet und hat drei Kinder. In seiner Freizeit hält er sich mit Mountainbiken, Joggen und Schwimmen fit.