Banksteuerung - mit S Rating und Risikosysteme

Rollout der neuen Banksteuerung

Intensiv arbeiten Sparkassen Rating und Risikosysteme (SR) und Finanz Informatik (FI) seit über einem Jahr an den Vorbereitungen des Rollouts der neuen Banksteuerung. Mit OSPlus-
Release 20.1 startete die End-to-End-Praxiserprobung mit zehn Instituten.

Wie weit wurden die bisherigen Methoden der Banksteuerung in den Sparkassen bereits umgesetzt? Um einen tieferen Einblick darüber zu erhalten, fand im letzten Jahr eine Abfrage durch die Regionalverbände bei den Instituten statt, woran sich mehr als 360 beteiligt haben. Per Fragebogen wurden Informationen über die aktuelle Nutzung von Methoden, Anwendungen, Parametern und Dokumenten eingeholt. Die Ergebnisse dieses Vorab-Checks waren ein zentraler Baustein in den bisherigen Vorbereitungen des Rollouts. Auch im Rahmen der im Herbst 2020 durchgeführten Webinare zum Rollout der neuen Banksteuerung wurden die Ergebnisse diskutiert und es wurde auf notwendige Maßnahmen hingewiesen.
Die Institute wollten sich schon früh auf den Rollout vorbereiten, indem sie zusammen mit ihren Regionalverbänden den Status zur Rollout-Readiness erhoben haben, um gegebenenfalls vorhandene Lücken zu schließen und sich inhaltlich in die ersten neuen Themen einzuarbeiten. Von den Regionalverbänden wurden regionale Projekte und Schulungsmaßnahmen zur Erreichung der Rollout-Readiness aufgesetzt.

ROLLOUT-PROJEKT
Um alle Aktivitäten zu bündeln und im Ergebnis einen Standard-Rollout mit einheitlichem Vorgehen in allen Regionen zu erreichen, wurde in der FI ein Rollout-Projekt gestartet, das die Brücke zwischen den zentralen und regionalen Beteiligten bildet und den Austausch zwischen Sparkassen, SR, Regionalverbänden und zertifizierten Partnern unterstützt. Mit der End-to-End-Praxiserprobung in 2021 werden im Projekt ein Jahr lang mit Sparkassen bereits Vorversionen der Anwendungen erprobt, um Nachschärfungsbedarf frühzeitig zu erkennen und die Rollout-Formate für die Fläche vorzubereiten.

Zehn Sparkassen – je eine pro Regionalverband – haben sich bereiterklärt, die neuen Daten, Methoden, Anwendungen und die bereitgestellte Infrastruktur für Information, Kommunikation und Kollaboration zu erproben. Dabei werden sie eng von den zertifizierten Beratern, den Regionalverbänden, der SR und der FI begleitet, damit alle Beteiligten ein umfassendes Knowhow zu den Daten des Integrierten Datenhaushalts (IDH), zu den neuen Methoden und zu den neuen IT-Lösungen in der Sparkassen-Finanzgruppe aufbauen können, um dann in der Fläche die Institute bei der Einführung eng begleiten zu können.
Allen Beteiligten war schnell klar, dass diese herausfordernde Aufgabe auf Basis von Vorversionen nur partnerschaftlich und mit dem Praxiswissen der eingebundenen Institute zu bewältigen ist. Aufgrund der Abhängigkeiten der Liefersysteme, der neuen IDH-Systematik, der neuen Methoden, Verfahren und IT-Anwendungen wurde deutlich, dass die Komplexität nur dann beherrschbar ist, wenn die Einzelteile und ihre Abhängigkeiten dem Praxistest standhalten.
Das Ziel: Die neue Banksteuerung vor der Ablösung der Altsysteme einem umfassenden Praxistest zu unterziehen und den Sparkassenprozess zu optimieren. Fachlicher und technischer Nachschärfungsbedarf soll erkannt und möglichst vor dem Flächen-Rollout behoben werden. Auch die Rollout-Formate wie Seminare, Webinare und Tutorials werden von den zehn Sparkassen per Feedback im Teamroom kritisch gewürdigt und auf ihre Rollout-Fähigkeit geprüft.

Der offene Austausch im Rahmen der Jours fixes der teilnehmenden Institute zum Vorgehen, zu den Dokumenten und dem Umsetzungsstand ist besonders wertvoll. Wöchentlich wird über die aktuellen Befunde und zum Fortschritts-Reporting über den Umsetzungsstand berichtet. Nach dem Rollout zur Adressenrisikosteuerung wurden weitere Bausteine auf Basis von OSPlus-Release 20.1 praxiserprobt, zunächst die Vorversion der Anwendung zum Marktpreisrisiko mit dem variablen Geschäft, den impliziten Optionen und den ersten Funktionalitäten zur integrierten Korrektur und Datenpflege. Im Anschluss folgten die Anwendungen zum Liquiditätsrisiko und der Datenabgleich der Gesamtbanksimulation. Darüber hinaus stehen auch zentrale Themen wie die Anlieferung der Eigengeschäfte, das Datenqualitätsmanagement und das IDH-Reporting auf der Agenda.
Vor jeder Prüffeldermatrix, die die Sparkasse zu bearbeiten hat, stehen Schulungen und Webinare um Daten, Methoden und Anwendungen kennenzulernen. Um einen engen Austausch mit den Instituten zu führen, finden regelmäßige Jour fixes auf Projektleiter- und auf der jeweiligen Fachebene statt. Darüber hinaus kommt ein auf Vorstandsebene besetztes Praxiserprobungsboard vierteljährlich zusammen, um auf Managementebene den Status und die Fortschritte abzustimmen und gegebenenfalls Maßnahmen aufzusetzen. Ein Zwischenbericht je Quartal wird zusätzlich bereitgestellt, um auch in den Regionen zum Sachstand einheitlich zu berichten.

ZUSAMMENARBEIT IM TEAMROOM
Zum Bereitstellen der benötigten Unterlagen und Informationen für die Sparkassen wird ein Teamroom erprobt, der kontinuierlich wächst und eine zentrale Anlaufstelle für die Institute darstellt. Aktuelle News aus dem Teamroom werden per Push-Mail bereitgestellt und erreichen so schnell den Empfänger. Schulungskalender, Schulungsunterlagen und Unterlagen zu den Methoden ergänzen die Bibliothek. Die Prüffeldermatrix, Termine und Aufgaben werden je Institut im Teamroom eingestellt. Die Erledigung dieser Checkliste kann damit technisch unterstützt ausgewertet werden. Darüber hinaus wird standardisiert Feedback zu den Schulungen aufbereitet, um daraus die Formate für den Flächen-Rollout zu optimieren. Für den Austausch zur Weiterentwicklung des Teamrooms und zur Ergänzung der Funktionalitäten für den Flächeneinsatz wird mit Sparkassen- und Verbandsvertretern eine Redaktionskonferenz durchgeführt.
Der Rollout, der mit einer Startserie beginnen wird, soll auf Basis der Rückmeldungen und Erfahrungen der zehn End-to-End-Sparkassen für alle Institute bestmöglich vorbereitet und gestaltet werden. Der Zeitplan ist eng – damit auch die kleineren Institute den Einführungsaufwand stemmen können sollen die Bausteine nacheinander eingeführt werden. Ab 2022 sollen möglichst viele Institute in vier Großserien die Voraussetzungen schaffen, um dann in Kleinserien optimal zu den einzelnen Methodenmehrwertdiensten unterstützt zu werden. Der detaillierte Rollout-Plan wird auf Basis des entsprechenden Fachratsbeschlusses nun in den nächsten Wochen mit den Regionalverbänden erstellt. 

ITmagazin: Wie wird die neue Risikotragfähigkeit die Sparkassen verändern?
Dr. Peter Nettesheim: Hier gilt es zwei Aspekte zu beachten: den Einfluss auf unsere Banksteuerungsprozesse und auf die Kapitalanforderung. Die integrierte Systemlandschaft wird zu mehr Automatisierung in den Prozessen führen. Daher glauben wir, dass die Systeme der neuen Risikotragfähigkeit (RTF) die Sparkassen entlasten werden, wenn sie in den Instituten umgesetzt und eingeführt sind. Darüber hinaus ermöglichen die neuen Funktionen durch die Gesamtbanksimulation auch eine umfänglichere Steuerung mit Weitblick. Analysen, die vorher komplexe, manuelle und langwierige Nebenrechnungen erforderten, können dann schnell und auf solider Datenbasis durchgeführt werden. Damit wird der Werkzeugkasten der Risikosteuerung stark erweitert. Allerdings muss an dieser Stelle gesagt werden, dass natürlich eine gesamthafte Betrachtung aller Risikoarten und der Planung verlangt, eine Vielzahl von Daten und Parametern zu erfassen und zu pflegen. Die SR wird den Instituten Standardparametrisierungen zur Verfügung stellen, um den Aufwand soweit möglich zu minimieren.
Das Ziel nach Einführung bleibt aber: Die Mitarbeitenden sollen sich zukünftig wieder mehr auf die eigentliche Steuerung fokussieren können, denn die neuen Verfahren ermöglichen eine höhere Qualität der Ergebnisse bei reduzierten Aufwänden. Ob es eine Kapitalentlastung geben wird, hängt stark von den individuellen Portfolien ab. Mit der neuen RTF entfallen die Doppeltanrechnungen aus der Säule I – allerdings wird mit einem höheren Konfidenzniveau gerechnet. Die SR kann dazu keine verlässlichen Prognosen geben, da die Methoden neu sind und wir keinen Zugriff auf die Daten der Institute haben.
ITmagazin: Sind die Sparkassen dafür gut aufgestellt?
Dr. Peter Nettesheim: Generell sind die Sparkassen für die Umstellung gut aufgestellt. Die Institute sollten aber nicht zögern, sondern bereits jetzt wichtige Grundlagen für eine unkompliziertere Umstellung legen. Das zeigt auch unsere standardisierte Bewertung der bisherigen Praxiserprobung, die durch unsere End-to-End-Sparkassen seit Ende Januar vorgenommen wird. Die neuen Systeme zu implementieren führt in den Sparkassen allerdings zu höheren Umstellungsaufwänden – insbesondere auch durch Abgleiche mit den Vorsystemen. Hier werden wir mit Abgleich-Tools unterstützen. Gemeinsam mit den Regionalverbänden und der FI optimieren wir aktuell die Rollout-Unterlagen und begleiten die Sparkassen, um ihre Aufwände für den anstehenden Rollout tragbar zu halten. Detaillierte Umsetzungspläne und Praxisleitfäden helfen dabei, vorab wichtige Weichen zu stellen.
ITmagazin: Wie hilft das SR-Zielbild der neuen Banksteuerung, die Sparkassen auf dem Weg zu unterstützen?
Dr. Peter Nettesheim: Mit dem gemeinsamen Zielbild Banksteuerung legen wir die Basis für eine moderne Banksteuerung. Definiert haben wir es gemeinsam mit Sparkassen, Regionalverbänden, dem DSGV und der FI. In 2022 werden wir es weitgehend umgesetzt haben. Dann steht eine solide Basis an Systemen, die die Banksteuerung standardisiert und automatisiert unterstützen. Uns ist dabei aufgefallen, dass diese Standards für einige Institute individualisiert werden sollten, weil sie z. B. EZB-beaufsichtigt sind. Hier ist es unsere Vision, über Zusatzangebote Individualisierungsmöglichkeiten bereitzustellen. Unser oberstes Ziel ist es aber, dass unsere Standards in den Systemen die Sparkassen auch wirklich entlasten und Aufwände reduziert werden können. Dafür ist es wichtig, dass die Institute in den entsprechenden Prozessen und Strukturen ihre Banksteuerung optimal entfalten können. Hier werden wir nach dem Rollout gemeinsam im Verbund ansetzen und unterstützen.
ITmagazin: Was zeichnet die gemeinsame End-to-End-Praxiserprobung aus?
Dr. Markus Bock: Die gemeinsame Praxiserprobung umfasst mit der Marktpreisrisiko- und Liquiditätssteuerung sowie der Gesamtbanksimulation wesentliche Anwendungen der neuen Banksteuerung. Diese Anwendungen und Methoden spielen sozusagen »im Orchester«. Vor diesem Hintergrund ist es uns wichtig, die Methoden und Anwendungen gemeinsam mit den Sparkassen, der SR und den Regionalverbänden intensiv zu erproben und dabei eine gemeinsame Datengrundlage für die Methoden zu schaffen sowie die vielfachen Abhängigkeiten zu berücksichtigen. Wir haben damit sehr frühzeitig, ca. ein Jahr vor dem geplanten Rollout begonnen. Alle Themen – angefangen von den Liefersystemen bis hin zur Kennzahl im Reporting – werden auf Praxistauglichkeit und Anwenderfreundlichkeit geprüft. Dazu ist es uns gelungen, zehn hochmotivierte und engagierte Sparkassen zu gewinnen, die repräsentativ für ihre Region sind. Die Sparkassen testen Konzepte, Anwendungen und das Rolloutvorgehen kritisch auf die Rollout-Fähigkeit für 2022. Wir haben als FI mit der SR eine hohe Vernetzung mit unseren Kunden über die Projekte sichergestellt. Offene Kommunikation und große Transparenz sind von Anfang an Schlüssel zum Erfolg für dieses anspruchsvolle und wichtige Projekt der Banksteuerung. In gemeinsamen Ticketkonferenzen und mit konsequentem Fortschritts-Reporting haben wir bereits mit den ersten Vorversionen auf Basis von OSPlus-Release 20.1 sehr schnell Fahrt aufgenommen. Woche für Woche werden die Methoden und Anwendungen nachgeschärft. Die Regionalverbände sind beim Testen sowie bei der Unterstützung der Institute eingebunden. So bauen wir gemeinsam frühzeitig die erforderliche umfassende Fachexpertise für den Flächen-Rollout auf.
ITmagazin: Welche Motivation hatten die Sparkassen, sich an der Erprobung zu beteiligen?
Dr. Markus Bock: Die Motivation der Sparkassen hat aus meiner Sicht vielfältige Gründe. Lassen Sie mich einige herausgreifen. Zum einen werden die konsequente Ausrichtung am Standard der Sparkassen-Finanzgruppe und die Ablösung individueller Lösungen zu nachhaltigen Kostenreduktionen führen. Zum anderen möchten die Sparkassen möglichst früh Knowhow der neuen Anwendungen und Methoden aufbauen und diese mit ihrer eigenen Expertise mitgestalten. Dafür nehmen die Sparkassen deutliche Mehrbelastungen in Kauf und gehen die Extrameile. Wir unterstützen hier als FI im Rahmen der End-to-End-Verprobung z. B. durch schnellen und direkten Austausch im regelmäßigen digitalen Jour fixe, durch aktuelle News, die digitale Qualifizierung mit dem Schulungskalender und einer Ticket-Bearbeitung mit Screen-Sharing. Einige Institute haben gerade diese Rahmenbedingungen als ausschlaggebend für ihr Engagement genannt.
ITmagazin: Wie ist der aktuelle Stand?
Dr. Markus Bock: Die Anwendung »Adressenrisiko« haben wir als ersten Baustein der neuen Banksteuerung mit Start im März 2020 in Serien ausgerollt. Ab Mai 2021 sind die Institute vollumfänglich auf die neue Anwendung »Adressenrisiko« umgestiegen und wir konnten mit ZV-ADR bereits die erste Altanwendung abkündigen. Ende 2020 haben wir mit den Vorversionen zum Marktpreisrisiko, zur Liquiditätsrisikosteuerung und zur Gesamtbanksimulation begonnen. Mit Hilfe von digitalen Formaten wie z. B. Tutorials und Webinaren genoss die Rollout-Unterstützung regen Zuspruch. Mit den Erprobungs-Sparkassen machen sich auch die Regionalverbände fit für den Flächen-Rollout in ihren Regionen. Die Anforderungen der Sparkassen setzen wir um, indem wir eine ganzheitliche Schulung und Beratung aufbauen – Technik und Fachlichkeit gehen Hand in Hand. Das Feedback aus der End-to-End-Praxiserprobung fließt in die Planung des Flächen-Rollouts ein.
ITmagazin: Was sind die gewonnenen Erkenntnisse aus der Erprobung der ersten Vorversionen für den Flächen-Rollout?
Dr. Peter Nettesheim: Die End-to-End-Praxiserprobung ist entscheidend für die Rollout-Readiness der neuen Banksteuerung. Mein Dank gilt hier daher besonders den Instituten, die sehr viel Arbeit in die Erprobung stecken und wichtige Erkenntnisse liefern. Da wir jetzt auf Echtdaten der Institute die Systeme erproben, haben wir umfassende Hinweise auf die Wirkweise unserer Systeme und die Abbildung der Produkte erhalten. Trotz der engen Zusammenarbeit bei der Entwicklung zeigen die Ergebnisse aus Echtdaten spezifische Produktkonstellationen auf, die eingewertet und ggf. in der Umsetzung noch berücksichtigt werden müssen. Da wir gemeinsam mit der FI eine hohe Release-Dichte geplant haben, sind wir flexibler in der Umsetzung und Behebung von Auffälligkeiten. Denn nur, wenn unsere Systeme höchste Qualität haben, können sie für die Institute von gewinnbringendem Nutzen sein. Wir bieten keine Lösungen an, die diesem Anspruch nicht entsprechen.
Dr. Markus Bock: Dem schließe ich mich gerne an: Das große Engagement der Beteiligten sowie das erfolgsorientierte und konstruktive Arbeitsklima beeindrucken mich sehr. Dafür bedanke ich mich insbesondere bei den beteiligten Instituten und Regionalverbänden. Das regelmäßige Fortschritts-Reporting unterstützt die Optimierung der Anwendungen und Methoden bis zum Flächeneinsatz. Unsere oberste Maxime ist die sehr hohe Qualität der neuen Banksteuerung.
ITmagazin: Vielen Dank für das Gespräch!