FI-SP

Lebensbegleiter für Kunden

Das Erkennen und Nutzen von Marktpotenzialen durch Künstliche Intelligenz (KI) war eines der Top-Themen auf der diesjährigen FI-Connect. Beispiele aus Industrie, IT und Handel zeigten auf, wie andere Branchen Herausforderungen angehen. Welche Chancen die KI für das Banking von morgen bietet und wie die Sparkassen-Finanzgruppe diese nutzen kann, evaluiert die Finanz Informatik (FI)-Gruppe in ihrem Competence Center für Künstliche Intelligenz. Der Leiter der bei der Finanz Informatik Solutions Plus angesiedelten Initiative »KIXpertS«, Dr. Andreas Totok, zieht nach rund einem Jahr ein erstes Resümee.

ITmagazin 4/2019

ITmagazin: Auf der FI-Connect haben Sie gezeigt, wie KI das Banking von morgen verändert. An welchen Themen arbeiten Sie konkret?

Dr. Andreas Totok: Die KIXpertS untersuchen, wie KI-Technologien und -Methoden in der Sparkassen-Finanzgruppe einen praktischen Nutzen bieten. Dazu haben wir uns konkrete Anwendungsfälle aus Sparkassen, Landesbanken und Verbundunternehmen vorgenommen. Im ersten Jahr hat sich das Maschinelle Lernen als Schwerpunkt herauskristallisiert. Dieses legen wir bei nahezu allen aktuell bearbeiteten Anwendungsfällen zugrunde, wobei sich das auch jederzeit ändern kann. Spannend ist, welche Anwendungsfälle uns beschäftigen beziehungsweise was daraus erwächst. Hier zeichnet sich in einem Feld ein immer schärfer werdendes Bild ab, in dem die KI die Sparkassen zum Lebensbegleiter für deren Kunden macht – dies entspricht ja auch unserem Ziel, durch KI nahe am Kunden zu sein und es ihm einfach zu machen. Dreh- und Angelpunkt unseres Anwendungsfalls ist dabei die ständige Nutzung von Smartphones, was ja an und für sich keine neue Erkenntnis ist. Aber die Art und Weise, wie Sparkassen das Leben ihrer Kunden begleiten, kann durch eine KI-basierende Digitalisierung eine neue Qualität erreichen.

 

 

ITmagazin: Wodurch zeichnet sich diese aus?

Dr. Andreas Totok: Sparkassen müssen viel darüber wissen, was einen Kunden wirklich bewegt. Interessiert er sich für Immobilien? Oder für Autos? Das kann das Institut in Zukunft zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung erfahren. Will ein Sparkassenkunde etwa wissen, ob er sich einen Wunsch leisten kann, kann er diesen einfach fotografieren und ein paar Zusatzinformationen angeben. Bei einem Haus kann das beispielweise die Lage sein, bei einem gebrauchten PKW der Kilometerstand oder das Baujahr und bei einem neuen Caravan vielleicht die gewünschte jährliche Laufleistung. Dies schickt er dann per App oder Messenger- Dienst an seine Sparkasse. Dort analysiert eine KI-Engine das Foto sowie die Angaben und leitet daraus einen wahrscheinlichen Informationsbedarf des Kunden ab. Für den Kunden kann es zum Beispiel interessant sein, zusätzlich zu einer Preisindikation auch eine Einschätzung zu erhalten, ob es vergleichbare Alternativangebote gibt, wie ein konkretes Finanzierungsangebot aussieht oder ähnliches. Solche Informationen stehen dem Kunden unmittelbar zur Verfügung. Sein Kundenberater wird über das Anliegen in OSPlus informiert und kann es zu einem späteren Zeitpunkt als Gesprächsanlass nehmen, um den Kunden persönlich zu betreuen. 

KI macht das Leben aber auch komfortabler. Service-Prozesse lassen sich über dieselben Mechanismen ganz einfach abwickeln, wenn etwa Dokumente über eine KI intelligent ausgelesen und verarbeitet werden. Beispielsweise können Studenten dann in Zukunft nur noch ihre Studienbescheinigung fotografieren und an die Sparkasse schicken, um dort über einen vollautomatisierten Prozess ihr kostenloses Girokonto zu verlängern. Wir gehen diesen Weg aber noch weiter und führen Objekt- und Dokumentenerkennung zusammen. Auf diese Weise entwickeln wir beispielsweise Lösungsansätze für das Auslesen und Verarbeiten von Verkaufsschildern etwa in Autohäusern oder bei Maklern. Darauf aufbauend können Institute auch außerhalb von Filialöffnungszeiten zum Beispiel am Wochenende oder nachts komplette Allfinanzangebote vorbereiten beziehungsweise unterbreiten. Sparkassenkunden erfahren auf diese Weise direkt am Point-of-Sale, zu welchen individuellen Konditionen ihre Sparkasse ihr Wunschobjekt finanziert und was beispielweise die dazugehörige Versicherung kostet. 

 

 

ITmagazin: Das hört sich schon recht konkret an. Wie reagieren die Sparkassen auf Ihre Ideen?

Dr. Andreas Totok: Wir tauschen uns mit Instituten intensiv aus. Nicht nur über die von uns identifizierten Anwendungsfälle, sondern vor allem auch über ungelöste Herausforderungen. Die Institute bekräftigen uns, die eingeschlagenen Wege weiterzugehen. Das gilt sowohl für die geschilderten Anwendungsfälle und Einsatzszenarien, mit denen Sparkassen auch in der digitalen Welt nah am Kunden sein können. Das gilt aber auch für unser offenes Ohr für die Anliegen der Institute. Wir wissen aus einer Vorstudie, wie Sparkassen, Landesbanken und Verbundpartner durch den Einsatz von KI grundsätzlich profitieren können und haben von Mitarbeitern unserer Kunden, Meinungsführern und anderen Spezialisten erfahren, was sie sich von einem möglichen Einsatz von KI-Technologien und -Methoden erwarten. Konkrete Ansätze haben wir auch über unseren Ideenwettbewerb erhalten, in dem uns Organisationen aus der Sparkassen-Finanzgruppe geschildert haben, wo deren Schuh in der täglichen Arbeit drückt. Die beiden Gewinnerideen »Automatisierte Verarbeitung von Geschäfts- und Offenlegungsberichten mittels KI« sowie »KI-automatisierte Unterstützung zur Bearbeitung von Kundenbeschwerden« zeigen, dass die KI nicht nur am Kunden-Frontend hilfreiche Dienste leistet, sondern auch im Backoffice, wo viele ungeliebte Aufgaben noch zu automatisieren sind.

 

 

ITmagazin: Wie wird es weitergehen?

Dr. Andreas Totok: An Ideen und Ansätzen, KI-Technologien und -Methoden für die Sparkassen-Finanzgruppe nutzbar zu machen, mangelt es uns nicht. Wir arbeiten derzeit auch an weiteren Themen etwa zur Intentionserkennung, teilweise auch unter dem Radar der Öffentlichkeit. Wichtig ist, dass wir unseren Beitrag dazu leisten, uns mit den unterschiedlichen KI-Initiativen in der Sparkassen-Finanzgruppe zu vernetzen und Erkenntnisse zu teilen. Denn die KI ist eine Grundlagentechnologie, die das Potenzial hat, das gesellschaftliche Leben und damit auch das Banking nachhaltig zu beeinflussen. Unser Anspruch ist es, einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Sparkassen-Finanzgruppe von diesen Technologien frühzeitig profitiert, um auch auf diese Weise die Sparkassen-Idee in die digitalisierte Zukunft zu tragen.

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Der Podcast »Alles digital?!« Folge #04 ist zu hören bei Spotify, Deezer, iTunes und unter: www.fi -connect.de/podcast