Institutsversand

Drucken war gestern

Geschäftsprozesse verschlanken und sogar völlig papierlos abwickeln – die Digitalisierung macht auch vor dem Druckmanagement nicht halt. Die Sparkasse Scheeßel und die Kreissparkasse Garmisch-Partenkirchen haben ihren Druck-Output deutlich reduziert und für die Restanten als Pilotinstitute von Kurier-Dienst auf Paketzustellung umgestellt.

In Zeiten sinkender Margen und Negativzinsen stellt sich einmal mehr die Frage, in welchen Bereichen Optimierungspotenzial steckt und eventuell Kosten eingespart werden können. Digitale Möglichkeiten bilden die Basis, Geschäftsprozesse zu überprüfen, zu verschlanken und sogar vollständig medial abzuwickeln: Seit Jahrzehnten können Sparkassenkunden ihre Kontoauszüge selbst am Kontoauszugsdrucker abrufen. Heute ist es Standard, Auszüge und andere Unterlagen direkt in das Elektronische Postfach einzustellen. Durch verschiedene Maßnahmen wurde das zentrale Druckvolumen bereits reduziert. Für den verbliebenen Rest gibt es Gründe – auf Seiten der Kunden genauso wie auf Seiten der Institute: Zum Beispiel nutzen Endkunden für ihre Kontoauszüge teilweise nach wie vor (Post-) Schließfächer in der Filiale. Und Sparkassen haben zum Teil noch nicht auf eine Online-Bearbeitung von Listen umgestellt. Das wiederum erfordert eine gewisse Logistik – einen Kurier-Dienst, der den Druck-Output von A nach B bringt.

Dass es auch ohne Kurier geht, zeigen die Erfahrungen der Sparkasse Scheeßel und der Kreissparkasse Garmisch-Partenkirchen – zwei von acht Pilotinstituten beim Verzicht auf den Kurier-Dienst im Rahmen der Optimierung des Institutsversandes.

 

DIGITALE CHANCEN NUTZEN

Jürgen Lange

Vorsitzender des Vorstands,

Sparkasse Scheßel

Kreditinstitute werden immer digitaler. In der Sparkasse Scheeßel ist Digitalisierung in der Geschäftsstrategie verankert. Für das niedersächsische Institut bedeutet sie den Wandel zu elektronisch gestützten Prozessen mittels Informations- und Kommunikationstechnik. Sie findet in allen Bereichen statt: in der Kundenbetreuung, in der Unterstützung und Ausbildung der Mitarbeitenden und in den BackOffice-Prozessen. Es sei anzustreben, sie im Veränderungsprozess über alle Bereiche der Sparkasse als Querschnittsfunktion zu beachten. Daher nutzt die Sparkasse viele Möglichkeiten, um die Digitalisierung in ihrem Haus weiter voranzutreiben, zum Beispiel auch beim Institutsversand. Seit 2014 beschäftigt sich die Sparkasse Scheeßel damit, den Druck-Output zu reduzieren. Damals lag der Fokus vorrangig auf der Abbestellung von nicht genutzten Dokumentationen. Außerdem wurde in den letzten Jahren das Elektronische Postfach konsequent beworben, um die Anzahl der »Abholer-Kontoauzüge« zu reduzieren. Denn alles, was in der Sparkasse physisch ankommt, verursacht Kosten und personellen Weiterbearbeitungsaufwand. »Unseren Kunden zeigen wir die Vorteile unserer digitalen Lösungen, zum Beispiel die Nutzung des Online-Bankings und des ePostfachs. Aber die internen Prozesse basierten immer noch auf papierhaften Unterlagen und einer manuellen Bearbeitung. Das passt nicht zusammen und so sahen wir die Chance, nicht nur Effekte für die Umweltbilanz zu erzielen, sondern auch für die Prozesse in unserer Sparkasse«, erläutert Jürgen Lange, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Scheeßel, die Motivation den Kurier-Dienst der Finanz Informatik (FI) neu zu bewerten und als Pilotinstitut bei der Umstellung auf Paketdienst mitzuarbeiten.

Marsha Weseloh

Strategische Organisation,

Sparkasse Scheeßel

Viermal wöchentlich bekommt die Sparkasse Scheeßel nun ein Paket von der FI. Es enthält Kontoauszüge für die Hauptbuchkonten (HK) und die wenigen Kontoauszüge, wo sich Kunden nicht vom ePostfach überzeugen ließen. »Der Paketversand wirkt sich schon auf unsere internen Prozesse aus«, sagt Marsha Weseloh aus der Strategischen Organisation des Instituts. »Die bisher gewohnte taggleiche Bearbeitung durch die Fachbereiche ist nun nicht mehr möglich, da die HK-Auszüge zeitlich verzögert eintreffen.« Diese Situation habe man unter Risikogesichtspunkten bewertet und in Kauf genommen. Lediglich bei täglich abzustimmenden Hauptbuchkonten werde vorübergehend die Umsatzkontrolle genutzt. »Die FI plant für das Release 21.0 eine digitale Ablösung für die HK-Auszüge und deren Abstimmung, die wir dann einsetzen möchten«, ergänzt die Organisatorin. »Außerdem hat sich die FI bis 2025 zum Ziel gesetzt, den heutigen Druck-Output im Institutsversand vollständig zu digitalisieren. Das begrüße ich sehr.«

 

GUTE VORARBEIT

Im Vorfeld hat die Sparkasse die papiergebundenen Unterlagen analysiert, reduziert und wo möglich auf systemunterstützte Bearbeitung umgestellt. Dafür nutzt sie vorhandene FI-Lösungen wie zum Beispiel Beta93 für den Mailversand bei Erstellung einer Liste oder das OSPlus-Listenarchiv zur indizierten Recherche. »Die Kundenkontoauszüge konnten wir fast vollständig auf das Elektronische Postfach umstellen«, berichtet Marsha Weseloh. »Für die Auszüge bei Nachlassfällen, Sanierungen und ähnlichen Fällen erhoffe ich mir ebenfalls eine digitale Archivierungsmöglichkeit durch die FI. Dann sehe ich einen Paketversand auch bald gänzlich der Vergangenheit angehören.« Für die Akzeptanz in der Praxis wurden die Maßnahmen eng mit dem Leiter Marktbereiche und dem Leiter Firmenkunden, die als Fürsprecher agierten, abgestimmt. Alle wichtigen Informationen dazu – auch im Hinblick auf den Umgang mit dem Kunden und den internen Unterlagen – wurden im Mitarbeiterinformationsportal (MIP) der Sparkasse verteilt. Das Angebot für Fragen bereitzustehen, wurde rege genutzt. »Vor allem dann, wenn jahrelang gültige Verfahren, wie zum Beispiel die Lieferung von Unterlagen mit dem FI-Kurier angepasst und optimiert werden, ist es besonders wichtig, auch den Kosten-Nutzen-Aspekt für alle Beteiligten deutlich zu machen und die Mitarbeiter in der ersten Phase zu begleiten. Das schafft Akzeptanz für die neue Vorgehensweise«, sagt Marsha Weseloh.

Für Sparkassen, die ebenfalls den Inhalt der roten Kurier-Kiste »digitalisieren« möchten, hat die Organisatorin folgende Tipps: bereits heute den Druck-Output für Listen optimieren und reduzieren, Firmen- wie Privatkunden konsequent auf Alternativen zur Selbstabholung der Kontoauszüge ansprechen und die Bearbeitung der Hauptbuchkonten, die maschinell bebucht werden und daher keine manuelle Nachbearbeitung benötigen, umstellen.

 

NORD BIS SÜD

Die Sparkasse Scheeßel ist eins von vier Instituten auf einer Kurier-Fahrt. Da alle vier Piloten waren, konnte eine komplette Tour gestrichen werden. Was im Norden Deutschlands gut funktioniert, kommt auch im Süden an: Die Kreissparkasse Garmisch-Partenkirchen hat ebenfalls auf Paketversand umgestellt.

Grit Fugmann

Vorstandsmitglied Markt,

Kreissparkasse Garmisch-Partenkirchen

»Die Digitalisierung genießt in unserem Haus einen sehr hohen Stellenwert. Zum einen möchten wir unsere Kunden auch medial an uns binden und über alle Zugangswege für sie erreichbar sein«, sagt Grit Fugmann, Vorstandsmitglied Markt bei der Kreissparkasse Garmisch-Partenkirchen. »Zum anderen sind wir stets bestrebt, Prozesse zu verschlanken und zu vereinfachen. Dabei beginnt Digitalisierung bei jedem einzelnen Mitarbeiter: Uns bedeutet es viel, dass diese wichtige Zielgruppe die entsprechenden Angebote nutzt, anwendet und schlussendlich als Multiplikator weitergibt.«

In der Vergangenheit hat die Kreissparkasse Garmisch-Partenkirchen konsequent Chancen genutzt, Transport- und Kurier-Fahrten effizienter zu organisieren. Aufgaben, für die Transport-Dienstleistungen erforderlich waren, wurden sukzessive abgeschafft, z. B. Einreichung von Disketten oder von vorgedruckten Überweisungsbelegen für Kunden. Und – als eine der ersten Sparkassen Bayerns – hat sie das sogenannte Filialscanning, also das dezentrale Scannen von Zahlungsverkehrsbelegen, eingeführt.

Eine wesentliche Voraussetzung für den jetzigen Verzicht auf die »rote Kiste« war jedoch auch in der bayerischen Sparkasse die Reduzierung der Abholer-Kontoauszüge. »Bereits vor vielen Jahren hat unser ehemaliger Abteilungsleiter Hermann Eichberger immer wieder die Reduktion dieses Druck-Outputs angestoßen«, erinnert sich Josef Sebrich, Mitarbeiter der Organisationsabteilung. »Somit war ohnehin nur noch eine vergleichsweise geringe Menge an Auszügen vorhanden.« Daher war es ein logischer Schritt, »diese Chance zu nutzen, endgültig auf die bisherige Form der Kurier-Fahrten zu verzichten und gleichzeitig im Sinne von Nachhaltigkeit der Umwelt etwas Gutes zu tun«.

 

PAKET STATT KISTE

Pakete ersetzen nun die roten Kurier-Kisten. Zurzeit erfolgt in Garmisch-Partenkirchen die Zustellung täglich. Ziel ist es, einen wöchentlichen Versand zu etablieren und 2021, wenn es eine digitale Lösung für die Auszüge der Hauptbuchkonten gibt, ganz auf die Zustellung zu verzichten. Das wirkt sich auf die Arbeitsprozesse aus und hat Vorteile: Zum Beispiel muss die Poststelle der Kreissparkasse nicht mehr früh morgens Unterlagen verteilen, damit die Abteilungen sie bei Arbeitsbeginn vorliegen haben. Die  Mitarbeiter holen sich die Informationen, die sie bisher über Papierlisten erhalten haben, ziel- und bedarfsgerecht bequem über OSPlus. Und mit der konsequenten Einführung des elektronischen Rechnungsbuches konnten manuelle Buchungen auf mehreren Hauptbuchkonten ausgeschlossen und ein Ausdruck der Auszüge zwecks Kontrolle unterdrückt werden. »Wir sparen zwar Arbeitszeit ein, dennoch möchte ich nicht von großen Einsparungen für uns sprechen«, sagt Josef Sebrich. »Aber alle reden von Digitalisierung – da passt es meines Erachtens nicht, für wenige Zettel Papier jährlich ein paar Tausend Kilometer mit Kurier-Fahrten zurückzulegen.«

Die Umstellung von Kurier-Dienst auf Paketversand hat die Kreissparkasse Garmisch-Partenkirchen ebenfalls gut vorbereitet: Stabsabteilungen haben Papierlisten durch digitale Bearbeitung ersetzt, Berater haben ihre Kunden über die Veränderungen informiert und große Behörden, die noch häufig papiergebunden arbeiten, wurden durch Online-Banking-Mitarbeiter gezielt betreut und bei der Umstellung unterstützt. »Wir sind sehr froh, hier im Haus gute Spezialisten zu haben, die das leisten können«, hebt Josef Sebrich hervor und ergänzt: »Wir haben mit entsprechender Vorlaufzeit gearbeitet und die Mitarbeiter direkt über die Führungskräfte informiert. Das hat sich bewährt und das kann ich auch nur empfehlen. Die Abschaffung der Papierlisten und der Kontoauszüge für Abholer war in circa zwei Monaten erledigt.« Außerdem habe die Finanz Informatik adäquat unterstützt, sodass die Umstellung in der Praxis gut funktioniere, ergänzt der Mitarbeiter der Organsitionsabteilung.

 

Josef Sebrich

Mitarbeiter Organisation,

Kreissparkasse Garmisch-Partenkirchen

DIE ZUKUNFT IM BLICK

Für die Bearbeitung der HK-Auszüge wünscht sich Josef Sebrich – genauso wie Marsha Weseloh von der Sparkasse Scheeßel – eine digitale Lösung, denn jeder Verzicht auf Papier gehe mit der Einsparung von Zeit und Ressourcen einher. »Das Digitale Büro, also die Abschaffung der aktuell noch in Papierform verschickten Restanten, ist für mich eine logische Weiterentwicklung. Und im letzten Schritt die Automatisierung durch künstliche Intelligenz, welche die vorhandenen Informationen selbstständig verarbeitet«, sagt Josef Sebrich. »Dies wäre eine Chance, den Herausforderungen, die durch die demographische Entwicklung, die neuen Anforderungen der Regulierungsbehörden und der Zinssituation entstehen, zu begegnen.«

   

 

Mehr zum Thema: »Weg vom Papier - die Sparkasse Heidelberg nimmt den sogenannten Botenkoffer ins Visier« (siehe ITmagazin 03/2018, online im ITmagazin-Archiv)