Zuverlässig bleiben –
Neues gestalten
Mitte 2015 übernahm Franz-Theo Brockhoff als Vorsitzender der Geschäftsführung das Ruder bei der FI. Als langjähriger Geschäftsführer der FI und ihrer Vorgängerunternehmen kennt er die aktuellen Herausforderungen in der Sparkassen-Finanzgruppe gut. Mit ihm sprechen wir darüber, wie die FI ihre Kunden bei den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen IT-seitig effizient unterstützen kann.

Wir müssen noch aktiver als früher Dinge in der Gruppe vordenken.
Wie nehmen Sie Ihre neue Rolle wahr?
In dem Bewusstsein der zunehmend größeren Verantwortung, die wir als zentraler IT-Dienstleister der größten Bankengruppe Deutschlands für unsere Kunden und deren Kunden tragen. Dazu gehört es, zuzuhören, zu lernen und zu verstehen, was von uns erwartet wird und wo wir unseren Beitrag für den Erfolg unserer Kunden leisten können. Aber auch: wo wir aktiver als früher Dinge für die Gruppe vordenken müssen. Das Service-Modell der Sparkassen wird sich in den nächsten Jahren weiter verändern und die FI wird mit ihrer IT hier eine wichtige Rolle spielen. Diese großen, neuen Herausforderungen nehme ich mit meinen Kollegen in der Geschäftsführung und zusammen mit den Mitarbeitern der FI an.
Was sind für Sie diese wesentlichen Herausforderungen?
Unsere Herausforderungen sind eng verknüpft mit denen unserer Kunden. Diese sind geprägt durch die sich fortsetzende Digitalisierung des Bankgeschäfts, den dynamischen Wettbewerb, die drastisch zunehmende Regulatorik und den Kostendruck, der nicht zuletzt durch die Niedrigzinsphase verstärkt wird. Wir liefern der Sparkassen-Finanzgruppe moderne IT-Produkte und innovative Lösungen, um diese Herausforderungen zu meistern. Die Kunden der Sparkassen wollen im Multikanal auch außerhalb der Öffnungszeiten mit ihrer Sparkasse in Kontakt treten und kommunizieren. Da haben wir – neben der Filiale und dem Berater vor Ort als wichtige Anlaufpunkte – das Mobile Banking, die Internet-Filiale oder das elektronische Postfach. An diesen Kanälen und der sinnvollen sowie effizienten Verknüpfung müssen wir weiter arbeiten. Wir haben schon immer mit den Mitteln der IT Effizienz- und Kostenvorteile für unsere Kunden realisiert – heute nutzen 408 Sparkassen das gemeinsame Gesamtbanksystem OSPlus. In Zeiten von Niedrigzins mit signifikanten Auswirkungen auf die Ertragssituation der Gruppe sowie massiven Belastungen durch die Regulatorik wird das aber nicht reichen. Aus meiner Sicht gibt es daher fünf Bereiche, in denen wir in den nächsten Jahren die Sparkassen und den Verbund entscheidend voranbringen können und müssen: Multikanal weiter ausbauen, Backoffice automatisieren, Regulatorik drastisch vereinfachen, Infrastrukturen stärker bündeln und zuverlässig bereitstellen und last but not least im Rollout all diese Dinge in den Sparkassen schnell ans Fliegen bringen.

Wichtig sind die Fähigkeiten, Veränderungen aktiv zu gestalten und marktseitige Entwicklungen früh zu antizipieren.

Stichwort Multikanal: Wie wird denn das Sparkassen-Geschäft 2020 aussehen?
»Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen«, hat Mark Twain einmal gesagt. Das bringt die Dynamik der Digitalisierung recht gut auf den Punkt: Sie verändert das gesellschaftliche Leben in einer Weise, die heute nicht im Detail vorhersagbar ist. Umso wichtiger sind zwei Fähigkeiten: Zum einen, die Veränderungen aktiv zu gestalten. Und zum anderen, die marktseitigen Entwicklungen früh zu antizipieren. Sparkassen und Verbund sind aus technischer Sicht schon seit langem erfolgreich digital unterwegs: Die FI betreut 15 Millionen Online-Kunden mit 45 Millionen Online-Konten, die mobilen Apps wurden über 11 Millionen Mal heruntergeladen und wir ermöglichen mit mehr als 330.000 unterstützten IT-Geräten den Sparkassenmitarbeitern den Weg in die digitale Welt. Dabei ist es wichtig, den Mitarbeitern die Vorteile der digitalen Welt nutzbar zu machen, weshalb wir in Zukunft noch stärker das mobile Arbeiten und Beraten ermöglichen werden. Mit der Initiative »my mobile workplace« schaffen wir mit einer leistungsfähigen und kostenoptimierten Infrastruktur die Voraussetzungen für den sicheren und komfortablen Zugriff vom mobilen Endgerät auf OSPlus und den digitalen Arbeitsplatz.
Heute ist schon klar, dass die Anzahl der Kunden im Mobile Banking weiter steigt. Der mobile Kanal ist im Jahr 2020 für viele Kunden primärer Kontaktpunkt zur Sparkasse. Routinevorgänge in den Instituten werden viel stärker automatisiert sein oder auch vom Kunden selbst erledigt. Berater gewinnen damit mehr Zeit für das Beratungsgeschäft. Dieses stärkt die Bedeutung der Filiale als Punkt einer qualifizierten Beratung. Lösungen wie die Videoberatung mit Expertenzuschaltung unterstützen dieses Konzept. Insgesamt werden die Kunden die Kontaktpunkte zu ihrer Sparkasse vielfältiger nutzen – sei es per Chat, per Video, über das Call Center oder über das elektronische Postfach.
Es geht dabei nicht immer nur um Sparkassen-Produkte, sondern um Lösungspakete, die auch die Angebote der Verbundpartner einschließen. Mit der Internet-Filiale 6 und OSPlus_neo schaffen wir heute für diese Integration im Multikanal beste Voraussetzungen. Darüber hinaus wird es aber auch Entwicklungen, Produkte und Services geben, die wir heute noch nicht kennen, die aber im Jahr 2020 schon unseren Alltag prägen. Hier kommt es darauf an, Veränderungen flexibel anzunehmen und in kurzer Zeit innovative Lösungen zu kreieren. Dafür stellen wir uns möglichst optimal auf und schaffen insbesondere auch mit einer modernen, flexiblen und effizienten Infrastruktur die Basis für die digitale Zukunft der Sparkassen-Finanzgruppe.

Wir beobachten die FinTech-
Szene und bewerten das Potenzial der Produkte und Geschäftsmodelle, die hier entstehen.

Werden dafür auch neue Wege beschritten?
Grundsätzlich haben wir mit der Architektur von OSPlus, seinen standardisierten und flexiblen Schnittstellen, sehr gute Voraussetzungen. Diese nutzen wir schon heute, um mit Entwicklungspartnern flexibel Lösungen umzusetzen. Dabei verfolgen wir auch zunehmend agile Ansätze. Wir müssen die Kreativität und die Energie der FinTechs erschließen und mit einer »Andockstation« für die jungen Unternehmen eine Möglichkeit schaffen, mit uns und den Sparkassen in den Dialog und die Kooperation zu kommen. Hieran arbeiten wir gemeinsam mit dem DSGV und dem Sparkassen-Finanzportal.
Wir beobachten die FinTech-Szene und bewerten das Potenzial der Produkte und Geschäftsmodelle, die hier entstehen. In diesem Kontext ist auch ein Projekt entstanden, das derzeit mit einem ganz neuen Ansatz ein Konto mit einer Banking-App speziell für junge Leute entwickelt. Hier steuert unsere Tochter Star Finanz ein Projektteam mit einer Gruppe von Sparkassen.
Neue Wege gehen heißt auch vor allem, handlungsfähig zu sein, um schnell pragmatische Lösungen zu entwickeln. Dazu bringen wir gute Voraussetzungen mit. Beim Projekt paydirekt zum Beispiel waren wir schnell und haben als IT-Lieferant unsere Handlungsfähigkeit bewiesen: Als in der Sparkassen-Finanzgruppe der Startschuss gefallen ist, haben wir im Auftrag des Deutschen Sparkassenverlags in kurzer Zeit die Technik für die Sparkassen umgesetzt. Das werden wir auch in anderen Innovationsfeldern zeigen.

Wir verbinden die Systeme und Daten so, dass Mehrwerte entstehen – für die Sparkassen und ihre Kunden.

Die unmittelbare Schnittstelle zum Kunden ist das Eine. Welche Potenziale sehen Sie, wenn es um Skalen und das Backoffice geht?
Sehr große Potenziale, wenn wir es schaffen, mit Unterstützung der IT die Prozesse in der Sparkassen-Finanzgruppe effizienter zu machen und mehr IT zentral zu bündeln. Ganz wichtig sind dabei die Backoffice-Abläufe, die leider oft unter dem Radar sind. Hier müssen wir möglichst viele Prozesse fallabschließend automatisieren und wo das nicht geht, möglichst wenig verbleibende manuelle Eingriffe haben. Mit OSPlus_neo unterstützen wir diese Zielsetzung. Gleichzeitig muss den Sparkassen die Möglichkeit geboten werden, Backoffice-Leistungen bei großen Einheiten zu bündeln. Auch die weitere Übernahme von technischen Leistungen durch die FI, die derzeit noch in den Sparkassen erbracht werden, entlasten die Institute signifikant. Hier haben wir gerade die IT-Services der Sparkasse KölnBonn und der Kreissparkasse Köln übernommen. Beim Einkauf von Hard- und Software und bei der weiteren Nutzung von OSPlus im Verbund lassen sich ebenfalls noch Skaleneffekte realisieren.
Auch innerhalb der IT müssen wir weiter strukturieren und standardisieren. Ein Schlagwort ist hier Big Data, also das Auflösen von Datensilos im Verbund zugunsten einer ganzheitlichen Datenhaltung und -analyse. Nur so können Kunden und Berater eine durchgängige, digitale Sicht auf die Bankgeschäfte erhalten. Da wir auch durch regulatorische Vorgaben zu einer detaillierteren und aufwendigeren Datenhaltung gezwungen werden, können wir hier das Nötige mit dem Nützlichen verbinden. Data Analytics bringt hohe Kosten mit sich – aber eben auch einen großen Nutzen für die Sparkassen und den Verbund.
Kurzum: Wir erhöhen die Verarbeitungs- und Prozessgeschwindigkeiten in den Sparkassen und verbinden die Systeme und Daten so, dass Mehrwerte entstehen.
Und das alles unter Einhaltung der regulatorischen Vorgaben?
Auch die Regulatorik müssen wir stärker »automatisieren«: Wie in der Fabrik muss hier möglichst viel standardisiert werden, so dass insbesondere die kleinen und mittelgroßen Institute quasi per Mausklick Services und Prozesse von uns übernehmen können und sicher sein können, dass die gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Vorgaben erfüllt sind. Hier arbeiten wir eng mit der Regulatorik-Einheit des DSGV, der Sparkassen Rating und Risikosysteme GmbH, zusammen. Gemeinsam mit dem Fachrat Banksteuerung werden wir weiter ausprägen, wie die optimale und effiziente Umsetzung in den Systemen erfolgt. Mit diesen Ansätzen werden wir die steigenden Aufwände für die Regulatorik bei den Instituten zumindest bremsen können. Für die IT-Umsetzung steigen diese jedoch. Gleichzeitig müssen wir auch Entwicklungen wie Negativzinsen technisch in den Systemen abbilden. Dieses ist auch mit hohen Kosten verbunden.

Wir sind und bleiben der verlässliche IT-Partner der Sparkassen.

Ändert sich durch die zunehmende Bedeutung der IT das Ver- hältnis zwischen Sparkassen und FI?
Wir sind und bleiben der verlässliche IT-Partner der Sparkassen. Dazu gehört, dass wir in unserem heutigen Kerngeschäft Zuverlässigkeit zeigen. Die Weiterentwicklung, Modernisierung sowie der stabile und sichere Betrieb von OSPlus sind Aufgaben, die keine Kompromisse dulden. Gleichzeitig müssen wir auch Raum für mehr Innovationen und mehr Schnelligkeit schaffen. Denn die Veränderungsgeschwindigkeit im Bankgeschäft nimmt rapide zu. Der Endkunde erwartet heute, dass seine Bank viel schneller auf seine geänderten Bedürfnisse und Verhaltensmuster reagiert. Und die Produkte und Lösungen, die wir entwickeln, müssen auch schneller in die Umsetzung in der Fläche kommen. Wenn wir den Rollout beschleunigen, profitieren die Sparkassen mehrfach davon – zufriedenere Kunden, schlankere und schnellere Prozesse und einfachere Regulatorik. Daher optimieren wir die Rollout-Unterstützung auch insbesondere gemeinsam mit den Regionalverbänden.

Wir müssen noch stärker verinnerlichen, stets vom Kunden her zu denken.

Wie nehmen Sie bei diesen vielen und neuen Aufgaben die FI‑Mitarbeiter mit?
Die Bedeutung der IT für den Geschäftserfolg der Sparkassen nimmt zu – gleichzeitig aber auch die Verantwortung als zentraler IT-Dienstleister, die die FI für Millionen Kunden und hunderttausende Mitarbeiter in der Sparkassen-Finanzgruppe hat. Dazu gehört auch ein selbstkritischer Umgang mit Fehlern – beispielsweise haben wir die Netzwerkstörung vom 25. September 2015 zum Anlass genommen, einerseits die Konzepte fortzuschreiben und andererseits auch die Reaktions- und Kommunikationsprozesse für Störfälle zu überprüfen und zu optimieren. Angesichts der Veränderungen, die vor den Sparkassen liegen, müssen wir auch das Selbstbewusstsein und die Eigenverantwortung von Führungskräften und Mitarbeitern stärken. Wir benötigen mehr denn je Mitarbeiter, die Exzellenz, Innovationsfreude und Kreativität in sich vereinen. Dazu ist es wichtig, bei unseren Mitarbeitern das Know-how stetig auszubauen und die innere Überzeugung und auch den Ehrgeiz zu fördern. Dabei sollten wir uns von der Maxime leiten lassen, stets vom Kunden her zu denken. Das heißt, aus Sicht unserer Kunden und besonders auch aus Sicht der Kunden unserer Kunden zu denken. Denn damit entwickeln wir viel leichter Lösungen, die es den Menschen einfach machen, ihr Leben besser zu gestalten.