Woran denken Sie, wenn Sie den Begriff Zukunft hören?
Ich denke zunächst einmal an den Plural: Zukünfte. Viele Leute haben diese Idee der offiziellen Zukunft. Tatsächlich gibt es eine unendliche Anzahl von Zukünften, die im Grunde nur durch die Grenzen des Möglichen beschränkt sind. Man muss sich von dem Gedanken lösen, dass Zukunft passiert. Das größte Problem, das wir mit dem Thema haben, ist, dass wir zu wenig darüber nachdenken, wie wir sie aktiv gestalten können – als Menschen, als Unternehmer, als Gesellschaft. Wir brauchen vor allem positive Visionen für die Zukunft. Wenn uns diese Visionen fehlen, können wir auch keine positive Welt entwickeln.
Reisen wir mal in eine mögliche Zukunft:
Was wird sich in zehn Jahren verändert haben?
Wir haben gelernt, dass viele Dinge sich langsamer bewegen, als man denkt – und viele Dinge sich schneller bewegen, als man denkt. Beispiel Blockchain: Es gibt unglaublich viel Hype, aber abgesehen von diesen crazy NFT-Themen (Non-Fungible Token) tut sich da nichts. Auf der anderen Seite stellt Steve Jobs im Jahr 2007 das iPhone vor und das verändert die Welt dramatisch. Deswegen lautet für mich die große Frage: Welche der Technologien, die wir heute sehen, sind ausreichend reif und skalierbar, um in zehn Jahren Massenanwendung zu finden? Wir werden noch mehr Digitalisierung sehen. Alles wird flüssiger, schneller und einfacher. In zehn Jahren haben wir noch mehr digitale Geräte. Dabei werden wir nicht mehr so viel auf Screens, sondern eher in Screens gucken. Dann könnte die Brille, die wir gerade tragen, ein Portal in eine andere Welt hinein sein.
Was wäre, wenn wir die analoge nicht mehr von der digitalen Welt unterscheiden könnten?
Das Thema des Metaverse ist momentan das große Hype-Thema. Viele von uns verbringen jetzt schon mehr als 50 Prozent unserer Zeit in der digitalen Welt. Sie ist nur flach. Was wäre, wenn ich künftig eine neue, digitale Informationsschicht direkt auf meine analoge Welt legen könnte? Dann gäbe es z.B. Restaurantbewertungen aus meiner Karten-App, die ich in der analogen Einkaufsstraße sähe. Im Grunde würden so analog und digital verschmelzen. Als Gegenbewegung zu dieser Informationsüberfrachtung könnten wir überlegen, wie die analoge Welt durch digitale Technologien gefiltert werden könnte. Dann säßen wir in einem menschengefüllten Café, hätten unsere digitalen Brillen auf, würden unsere Kopfhörer einschalten und auf einmal verschwindet die gesamte Welt. Es sind nur noch du und ich, die sich unterhalten. Wir hätten gewissermaßen eine Reduced Reality.
Welche Chancen bieten digitale Entwicklungen für die Finanzwelt?
Wenn wir das Bankwesen ansehen, wird es in Zukunft völlig normal sein, dass wir unsere Bankgeschäfte komplett digital abwickeln. Die Frage lautet hier: Wie können wir dem Kunden Informationen geben und ihn aktiv so an seiner Finanzplanung teilhaben lassen, dass eine anregende Interaktion entsteht? Viele der doch recht komplexen Themen sollte man einfacher für den Kunden rüberbringen, z.B. bei der Datenvisualisierung. Für mich ist Convenience das große Thema. Finanzen sollten Spaß machen!