Woran denken Sie, wenn Sie den Begriff Zukunft hören?
Für mich persönlich denke ich Zukunft immer nur in Zeithorizonten von drei, vier, fünf Jahren und eigentlich linear. Da ist meine Zukunftsvorstellung immer noch sehr konkret und hat nicht so viel mit Imagination zu tun. Ich bewege mich stark in der nahen Zukunft und wie man da Schritt für Schritt hinkommt.
Lassen Sie uns das Imaginationsexperiment wagen:
Was wäre, wenn Finanzen Spaß machten?
Da bin ich ja schon per se irritiert, weil ich hoffe, dass Finanzen auch heute schon Spaß machen. Ich sehe aber ein, dass es nicht allen Menschen so geht. Wenn sie allen Menschen Spaß machen sollen, wäre die Grundvoraussetzung, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter aufgehen wird. Wichtig ist, dass Geld und Finanzen nicht mit Gier gleichgesetzt werden, dass sie nicht als Machtinstrument verstanden werden. Sie müssen zum Hilfsmittel werden, um Bedürfnisse zu befriedigen. Wenn Finanzen allen Menschen Spaß machten, würden vielleicht die Leute, die wir heute versuchen zu adressieren, ihr Geld nicht nur einfach auf dem Sparbuch liegen lassen. Sie würden sich trauen, damit zu arbeiten. Mutig investieren, etwas wagen und die Absicherung haben, dass es sich um ein Risiko handelt, aber um keinen finanziellen Gesamtverlust.
Zurück zu der Schritt-für-Schritt-Perspektive vom Anfang:
Wie könnten heute Schritte hin zu so einer Freude bereitenden Finanzwelt aussehen?
Wichtig ist, hochindividuell zu schauen. Was sind die Finanzen, die der Kunde und die Kundin mitbringt? Was sind die Wünsche, die damit verbunden werden, und was sind die finanziellen Notwendigkeiten? Auch das kann ja Spaß machen, wenn man weiß: Ich habe jetzt hier eine sichere Geldanlage, die ermöglicht mir, in 20 Jahren meine Zusatzrente zu haben. Ich finde das nicht spießig, sondern sehr legitim zu sagen: Das macht mir auch Spaß oder da bin ich erstmal beruhigt, weil ich weiß, dass ich abgesichert bin. Jemand anderes braucht das vielleicht nicht und hat anderen Spaß mit seinen Finanzen und ein anderes Bedürfnis, nämlich in drei Jahren seinen großen Traum erfüllen zu können. Das wäre mit Blick auf Datenanalyse und Künstliche Intelligenz für mich die Aufgabe der Beraterin und des Beraters: das zu ergründen, um das Bedürfnis genau abgreifen zu können.
Worauf sollten wir beim Gestalten von Zukunft Wert legen?
Wenn man über Zukunft nachdenkt, darf man sich aus meiner Sicht den Luxus erlauben, eher das Positive und das Schöne zu denken. Ich glaube, dass es genug dunkle Zukunftsszenarien gibt. Dazu braucht es auch gar nicht viel Fantasie. Es fällt viel leichter, in Destruktivismus zu verfallen. Wenn man über Zukunft nachdenkt, finde ich es wichtig, den Fokus auf positive Sachen zu legen. Das ist ein Luxus, den wir uns leisten können und der auch motiviert.