Annegret Saxe

Der Mix macht‘s – warum wir Vielfalt fördern sollten

»Die vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit können nicht allein durch Männer gelöst werden, die zwischen 50 und 60 Jahre alt sind und die alle Thomas heißen.«

Im Fokus

Der Mix macht‘s – warum wir Vielfalt fördern sollten

Am Anfang ist „Vielfalt“ eine Haltung. Sie muss dann auch organisiert und gelebt werden, beispielsweise, um Führung in Teilzeit zu ermöglichen.

 

Vielfalt ist ein oft diskutiertes Thema und steht auch bei Banken und Sparkassen oben auf der Agenda. Man erhofft sich viele kreative Ideen, neue Perspektiven und am Ende eine bessere Performance. Warum ist das so? Und was hat das mit Männern und Frauen zu tun?

 

Dr. Annegret Saxe ist stellvertretendes Vorstandsmitglied der Sparkasse Münsterland Ost und in dieser Position eine der wenigen Frauen in Führung. Nur rund sechs Prozent aller Sparkassen-Vorstände sind weiblich. Saxe sieht Handlungsbedarf, mit humorvollem Seitenhieb sagt sie: „Die vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit können nicht allein durch Männer gelöst werden, die zwischen 50 und 60 Jahre alt sind und die alle Thomas heißen.“ Für Saxe muss am Anfang eine Haltung stehen. Dann müsse Vielfalt aber auch konkret organisiert werden. Bei Neubesetzungen sei auch ihr Team zunächst in die Falle getappt und habe schnell fünf Kandidatinnen und Kandidaten ausgemacht – die „üblichen Verdächtigen“. Erst als sie sich bewusst gemacht hätten, dass Vielfalt auch aktiv gesucht werden muss, seien sie aus dem Schubladendenken herausgekommen und hätten andere Profile in Erwägung gezogen.

 

Saxe selbst macht die persönliche Erfahrung, dass sie als Mentorin häufig als Mutter mit zwei Kindern angefragt werde. Eine Mutter in der Rolle als Führungskraft – wie geht das? Zunächst seien Stellenausschreibungen zu flexibilisieren, um Führung in Teilzeit zu ermöglichen. Eine attraktive Stelle müsse auch zu den persönlichen Lebensumständen passen. Um Familie und Beruf, oder ganz generell Privatleben und Beruf, vereinbaren zu können, seien Regelungen wie Vertrauenszeit und Vertrauensort wichtig. Die Regelungen müssen dann auch konsequent gelebt werden.

 

Wie wird man wirklich Vorständin in einer Bank? Die fachliche Ausbildung muss flexibilisiert werden. Als Vorständin braucht man beispielsweise Kreditkompetenzen und Erfahrungen im risikorelevanten Kreditgeschäft. Wenn Kandidaten zufällig nicht die richtige Stelle innehatten, sieht es schwierig aus. Deswegen, so Saxe, müsse hier ein Umdenken stattfinden, weg von funktionsabhängigen Kompetenzen und hin zu personenbezogenen Kompetenzen.

Persönlich verletzend empfindet sie die Haltung: „Ach, das ist nur eine Teilzeitkraft.“ Oder den Ausspruch „Teilzeit-Mutti“. Ob jemand in Teilzeit arbeitet oder nicht, sagt genauso viel aus wie der Fakt, ob jemand mit dem Bus oder mit dem Auto zur Arbeit kommt. Nämlich rein gar nichts über die Kompetenzen und die Leistungsbereitschaft. Trotzdem gebe es noch einen starken Hang zur Vollzeitkarriere. Da müsse man ansetzen. Ob eine Frauenquote die Lösung bringe? Sie ist zunächst einmal Eingriff. Aber: „Mir ist noch nichts Besseres eingefallen, was wirklich dazu führt, dass der Fokus auf Vielfalt und das Fördern von Frauen gelegt wird. Deswegen kein jubelndes Ja, aber ein Ja zur Quote.“  

 

 

Dr. Annegret Saxe ist seit 2021 stellvertretendes Vorstandsmitglied der Sparkasse Münsterland Ost.

Hier verantwortet sie die Bereiche »Vertriebsmanagement, Organisation, Kommunikation«, »Marktfolge Aktiv/Passiv« und »Vorstandsstab«. Zugleich hat sie die Federführung für die Querschnittsaufgabe »Nachhaltigkeit & Stakeholder« übernommen. Sie treibt somit die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit und Diversität in der Sparkasse voran und ist davon überzeugt, dass die Basis für eine nachhaltige und gleichzeitig erfolgreiche Wertschöpfung die ernsthafte Wertschätzung aller Anspruchsgruppen ist. Nach ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau bei der Siemens AG, dem Studium der VWL und ihrer Promotion über Stiftungskooperationen kam sie 2012 zur Sparkasse Münsterland Ost.

Zitat

»DIE VIELFÄLTIGEN HERAUSFORDERUNGEN UNSERER ZEIT KÖNNEN NICHT ALLEIN DURCH MÄNNER GELÖST WERDEN, DIE ZWISCHEN 50 UND 60 JAHRE ALT SIND UND DIE ALLE THOMAS HEISSEN.«

Im Gespräch

Woran denken Sie, wenn Sie den Begriff Zukunft hören?

Für mich persönlich denke ich Zukunft immer nur in Zeithorizonten von drei, vier, fünf Jahren und eigentlich linear. Da ist meine Zukunftsvorstellung immer noch sehr konkret und hat nicht so viel mit Imagination zu tun. Ich bewege mich stark in der nahen Zukunft und wie man da Schritt für Schritt hinkommt.

 

Lassen Sie uns das Imaginationsexperiment wagen:

Was wäre, wenn Finanzen Spaß machten?

Da bin ich ja schon per se irritiert, weil ich hoffe, dass Finanzen auch heute schon Spaß machen. Ich sehe aber ein, dass es nicht allen Menschen so geht. Wenn sie allen Menschen Spaß machen sollen, wäre die Grundvoraussetzung, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter aufgehen wird. Wichtig ist, dass Geld und Finanzen nicht mit Gier gleichgesetzt werden, dass sie nicht als Machtinstrument verstanden werden. Sie müssen zum Hilfsmittel werden, um Bedürfnisse zu befriedigen. Wenn Finanzen allen Menschen Spaß machten, würden vielleicht die Leute, die wir heute versuchen zu adressieren, ihr Geld nicht nur einfach auf dem Sparbuch liegen lassen. Sie würden sich trauen, damit zu arbeiten. Mutig investieren, etwas wagen und die Absicherung haben, dass es sich um ein Risiko handelt, aber um keinen finanziellen Gesamtverlust.

 

Zurück zu der Schritt-für-Schritt-Perspektive vom Anfang:

Wie könnten heute Schritte hin zu so einer Freude bereitenden Finanzwelt aussehen?

Wichtig ist, hochindividuell zu schauen. Was sind die Finanzen, die der Kunde und die Kundin mitbringt? Was sind die Wünsche, die damit verbunden werden, und was sind die finanziellen Notwendigkeiten? Auch das kann ja Spaß machen, wenn man weiß: Ich habe jetzt hier eine sichere Geldanlage, die ermöglicht mir, in 20 Jahren meine Zusatzrente zu haben. Ich finde das nicht spießig, sondern sehr legitim zu sagen: Das macht mir auch Spaß oder da bin ich erstmal beruhigt, weil ich weiß, dass ich abgesichert bin. Jemand anderes braucht das vielleicht nicht und hat anderen Spaß mit seinen Finanzen und ein anderes Bedürfnis, nämlich in drei Jahren seinen großen Traum erfüllen zu können. Das wäre mit Blick auf Datenanalyse und Künstliche Intelligenz für mich die Aufgabe der Beraterin und des Beraters: das zu ergründen, um das Bedürfnis genau abgreifen zu können.

 

Worauf sollten wir  beim Gestalten von Zukunft Wert legen?

Wenn man über Zukunft nachdenkt, darf man sich aus meiner Sicht den Luxus erlauben, eher das Positive und das Schöne zu denken. Ich glaube, dass es genug dunkle Zukunftsszenarien gibt. Dazu braucht es auch gar nicht viel Fantasie. Es fällt viel leichter, in Destruktivismus zu verfallen. Wenn man über Zukunft nachdenkt, finde ich es wichtig, den Fokus auf positive Sachen zu legen. Das ist ein Luxus, den wir uns leisten können und der auch motiviert.

 

 

 

 

Über Zukunft nachdenken

Zukunftsoptimismus

Wenn Menschen an ihre eigene Zukunft denken, sieht diese oft hoffnungsvoll positiv aus. Geht es um die Zukunft der Gesellschaft, so verfallen wir nicht selten in pessimistische, gar dystopisch anmutende Visionen. Dieses Phänomen wird auch als Optimismusparadox bezeichnet. Um eine positive Zukunft zu gestalten, müssen wir uns daher hin und wieder zum Umdenken zwingen und uns den Luxus erlauben, eine positive Zukunft zu imaginieren. Vor allem so können wir die Motivation wecken, auch an dieser positiven Zukunft zu arbeiten.